Österreichs Schulen Weltspitze!
Und der Papst ist Anarchist
PISA, die weltweite Studie über die
Kenntnisse von Schülern, hat bewiesen: Österreichs Schüler liegen
vor denen der Schweiz und Deutschlands.
Wir sind Sieger!
Beinahe.
Denn vor uns liegen noch acht bis 13 andere
Staaten, je nach untersuchten Fähigkeiten. Man könnte auch sagen,
Österreich liegt auf Plätzen, die beim Schisport für lautes Jammern
sorgen würden. Oder Bildung für alle ist eben nicht so wichtig wie
ein paar Menschen, die ganz, ganz schnell einen steilen Hang
hinunterfahren können.
Im Schulbereich sorgen Mittelfeldplätze für
wohliges Aufatmen statt für einen Blick nach vorn, wo die wirklichen
Sieger sind: Finnland, Schweden, Kanada.
Die Ursachen für das Wegschauen sind vielfältig.
Einer ist sicher die Sehnsucht, ja Sucht Österreichs, ja keinen
Konflikt zu diskutieren, ihn am besten gar nicht zu bemerken. Das
österreichische Schulsystem ist in einem Bereich wahrscheinlich
Weltspitze: im Beharrungsvermögen.
Es wäre zumindest unangenehm zu bemerken, dass die
finnischen Schüler europaweit Spitze sind und dafür beinahe ein
Drittel weniger Unterrichtsstunden benötigen!
Es würde ungläubiges Kopfschütteln auslösen,
dass dieser Erfolg in einer Schule stattfindet, die mit der Notengebung
erst sehr spät, nämlich in der 8. Schulstufe einsetzt.
Es würde an der österreichischen Verfassung
rütteln, wenn man feststellt, dass alle Bildungssysteme der
Spitzengruppe eine Gesamtschule haben. Jenes System also, das
hierzulande für eine sozialistische Ideologie gehalten wird, obwohl
Kanada nirgendwo als sozialistisches Gesellschaftsmodell durchgeht.
Und auch Finnland und Schweden wird niemand, abgesehen von ein paar
Fundamentalisten, als sozialistische Länder beschreiben.
An der Verfassung Österreichs aber darf, außer
freiheitlichen PolitikerInnen, niemand rütteln und deshalb darf all
das nicht wahrgenommen werden. Also Augen zu und jubeln, was das Zeug
hält!
Wir haben Deutschland geschlagen. Der große Bruder
ist hinter uns.
„I werd narrisch“, um mit dem unvergesslichen
Sportreporter Edi Finger zu sprechen. Der freute sich einst laut über
den 3:2 Fußballerfolg über Deutschland und vergaß dabei, dass
sowohl Deutschland als auch Österreich aus der WM ausgeschieden
waren.
Eine hübsche Analogie zum derzeitigen Zustand der
österreichischen Bildung.
Erich Ledersberger
September 2002
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