Die Räume gehen, außer der Küche und einer
Speisekammer, vom Innenhof oder Garten weg.
Guadalajara wird im Werbeprospekt einer
Sprachschule beschrieben als Stadt mit "kosmopolitischer
Ausstrahlung und kolonialem Charme". Im Reiseführer steht, es
biete Besuchern "leider nur mexikanische Stadttristesse (darunter
auch Hässliches), doch das Centro histórico ist sehr
sehenswert".
Wenn man als TouristIn für ein paar Tage da ist,
könnte man vielleicht diesen Eindruck haben, aber nicht, wenn man
sich darauf eingerichtet hat, hier einige Zeit zu leben. Natürlich
kann man es nicht mit einer europäischen Großstadt vergleichen, aber
auch zB in Brüssel sind uns die vielen desolaten Häuser aufgefallen,
die Spekulationsobjekte sind. Und womit man - natürlich? - auch
sofort konfrontiert ist, sind die Leute, die versuchen mit Betteln zu
überleben oder mit dem Verkauf irgendwelcher Dinge auf der Strasse.
Seit Cortés mit 600 Soldaten am 21. April 1519 in
Vera Cruz landete, werden die Reichtümer des Landes von fremden
Mächten ausgebeutet, vor allem von Spanien, England und den USA. Weil
damit die Entwicklung des Landes behindert wurde und noch immer wird,
gingen über 8 Millionen der 100 Millionen Einwohner Mexikos legal
oder "illegal" in die USA um zu arbeiten. Es ist gerade in
der Zeitung gestanden und soll auch ein Beitrag sein zur Diskussion um
die deutsch-deutsche Geschichte: In den letzten 6 Jahren starben 1.400
MexikanerInnen beim Versuch, ohne Einwanderungspapiere über die
bestgesicherte Grenze der Welt zu kommen.
Neben dem Fest der Jungfrau von Guadalupe am 16.
Dezember ist der 'Dia de los Muertos', der Tag der Toten, am 2.
November der wichtigste Feiertag. In der Nacht vom ersten auf den
zweiten besuchen die Toten nämlich die Lebenden, daher gehen Letztere
auf den Friedhof, bringen deren Lieblingsgerichte und -getränke mit,
auch Tequila, und feiern, tanzen und singen dort. Schon Wochen vorher
gibt es überall Totenschädel und -gerippe aus Plastik oder Zucker zu
kaufen und zu Hause und in der Öffentlichkeit werden Altäre
aufgestellt und mit Blumen und den Lieblingsgegenständen der Toten
geschmückt.
In unserem Haus steht ein Altar für den Dichter
Juan Rulfo , in der Uni einer für die Malerin Frida Kahlo, an einem
Platz im Zentrum haben StudentInnen mehr als 20 Altäre aufgebaut,
unter anderem einen für Ernesto Guevara oder einen anderen für die
über tausend Toten eines Massakers, das die Polizei von Mexiko-Stadt
unter den streikenden Studenten kurz vor Beginn der olympischen Spiele
1968 angerichtet hatte (und für das noch niemand zur Rechenschaft
gezogen worden ist).
Liebe Grüße aus Guadalajara
Ulla und Christian