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Was Sie hätten schenken können

Ein Nachtrag zum Weihnachtsfest

 

Danke, werden Sie sagen, nun ist es zu spät.

Im Gegenteil, antworte ich Ihnen. Das nächste Weihnachtsfest kommt bestimmt und Sie können ab heute beginnen, den Einkaufstress zu minimieren. Schenken Sie einfache Dinge, die existentielle Probleme lösen.

Eines der wahrhaft großen Probleme der Menschen, besonders der Weintrinker ist das Glas an sich, um es mit Kant zu formulieren. Noch immer trifft man auf Haushalte, die vielleicht 12 Stück Rotweingläser ihr eigen nennen, manchmal kommen noch 12 Weißweingläser dazu. Und das war’s dann.

Liebe Leserin, lieber Leser! Damit muss Schluss sein, denn als kultivierter Trinker weiß man, dass ein Cabernet entschieden andere Gaumenregionen anspricht als ein Blaufränkischer. Wer nun ein vulgäres Rotweinglas verwendet, schleust mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den guten Tropfen an genau jenen Geschmacksnerven vorbei, die in der Lage sind, seine Qualität zu erfühlen. Wen wundert es angesichts dieser trostlosen Situation, dass manche nicht einmal den Unterschied zwischen dem berühmten Jahrgang 1997 und dem eher schlichten von 1994 erkennen?

Daher hat ein österreichischer Glasproduzent das Problem am Schopf, sprich die Beere am Hang gepackt und für jeden Wein das richtige Glas entworfen. Ab nun kommt mir kein einziges Taminteilchen unerkannt am entsprechenden Geschmacksreceiver vorbei.

Wenn ich daran denke, wie oft sich in früheren Zeiten ein roter Zweigelt als St. Laurent ausgab, bloß weil ich das falsche Glas verwendete! Heiliger Michelin von Gault-Millaut verzeihe mir, aber ich konnte nicht anders!

Nun ist alles anders. Ich habe Weingläser für Riesling, Burgunder, Jeraz und selbstverständlich das begehrte Sommelier Bordeauxglas. Ich dekantiere Chianti im Chianti Dekantierer und Bordeaux im entsprechenden, niemals umgekehrt. Ich besitze das junge Weißweinglas, für Notfälle und Expeditionen das schlichte Universalglas, natürlich die Portweingläser Nummer 1 und 2. Dazwischen stehen bei mir in friedlicher Koexistenz noch Sauvignonglas, Temprenilloglas, Tastingglas, Jahrtausendglas 2000, Chiantiglas, Rheingauglas, Steinobstglas, Sauterneglas, Loireglas, Eremitageglas, Riojaglas und das unumgängliche Nebiologlas.

Während bei den bisher angeführten alles klar ist - Wein in das entsprechende Glas füllen und nix wie runter mit dem Gesöff - gibt es beim Chardonnay noch immer Menschen, die einen Chardonnay Barrique aus einem Chardonnayglas trinken. Eine Katastrophe! Das schmeckt wie echt biologischer Sauerampfer aus dem Waldviertel. Daher hat der echte Weintrinker Gläser für Chardonnay und Gläser für Chardonnay Barrique. All das natürlich in entsprechender Stückzahl, also bei entsprechendem Gästebefall doch eher 12 Stück als 6 Stück.

Schnapsgläser hat heute jeder kultivierte Mensch, allerdings ist die Auswahl noch bescheiden. In der Wiener Version handelt es sich um ein normales Achtelglas, in der Helsinki Version um eine schlichte Münchner Maß. Immerhin gibt es für den italienischen Grappa mehrere Glasversionen, unterschieden nach Alter der Fässer, der Trauben und der Benutzer. Sehr praktisch etwa das Glas „Senior“ mit fix eingebautem Trinkhalm. Dennoch gibt es auf diesem Gebiet noch einiges zu erfinden. Schmerzlich vermisse ich in diesem Zusammenhang etwa ein spezielles Vogelbeerschnapsglas für 7 Jahre alte Getränke aus der oststeirischen Region rund um Stainz.

Natürlich ergeben sich aus der Kultivierung solch einfacher Tätigkeiten wie dem Trinken auch Probleme. Einerseits weigerte sich meine Freundin plötzlich, die Küche zu betreten. Sie könne vor lauter Gläsern die Flaschen nicht mehr sehen, sagte sie. Dabei stand ich direkt vor ihr!

Andererseits ist das Problem der Weihnachtsgeschenke auf Jahre hinaus gelöst. Bis alle meine Freunde mit Gläsern aller Weinsorten zugeschenkt worden sind, sind sicher bereits Gläser für einzelne Jahrgänge erfunden worden oder die Weinbauern haben mit neuen Weinsorten zugeschlagen, die ihrerseits nach neuen Gläsern schreien.

Mit anderen Worten:
Weihnachtsgeschenke sind kein Problem mehr!

Aber was schenke ich zu Ostern?

Einfallsloses Weihnachtsgeschenk

Erschienen im Jänner 2001

 

      


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