90
Prozent Schrott
90 Prozent aller Manager
produzieren Schrott.
Das ist die Kernaussage der Autoren Rolf Fink und Karl
Kälin in ihrem Buch „top schrott - Unwahres und Falsches zu
Führung und Management“. Die männliche Form ist diesmal bewusst
gewählt, weil Frauen unter Managern noch immer eine Minderheit
darstellen.
Und wie sieht das in der
Politik aus? Nun ja, mit ein bisschen Anstrengung kommen wir auf fünf
Prozent, die etwas Sinnvolles machen. Das geht zumindest
aus einer wissenschaftlichen Untersuchung meinerseits hervor. Ich
habe, weil es mir einfach zu gut ging, eine österreichische Zeitung
gekauft. Es war der Standard vom 3. Oktober 2002. Nach der Lektüre
war ich so geschafft, als hätte ich 90 Stunden durchgearbeitet. Dabei
habe ich bloß die österreichische Wirklichkeit komprimiert vor Augen
gehabt.
Beginnen wir mit dem einfachen
Chaos.
In Kaprun verbrannten vor mehr als einem Jahr viele Menschen. Schuld
war natürlich niemand. Dennoch kam es zu einer Untersuchung, bei der
auch Sachverständige zu Wort kamen. (Der erste internationale
Lacherfolg war, als einige Beamte pünktlich zu Prozessbeginn
im Kofferraum ihres PKW noch ein paar Beweismittel ins Gericht
brachten.)
Vor einigen Tagen verglich nun ein Rechtsanwalt die Liste der
Beweismittel mit den tatsächlich vorhandenen. Große Überraschung: einige
Beweismittel fehlten! Der Gutachter, der diese Beweismittel
untersucht hatte, telefonierte mit seiner Frau Gemahlin, diese suchte
so lange im gemeinsamen Haus, bis sie im Keller fündig wurde. Dort
waren sie, die Beweismittel im Fall Kaprun.
Immerhin, sie waren
wenigstens irgendwo vorhanden.
Nicht vorhanden sind
hingegen die Zinsen des tollen neuen Pensionsmodells von
Noch-Finanzminister Grasser. Der hatte knapp vor seinem Abgang noch
eine supertolle Idee gehabt, die allen zahlungswilligen
ÖsterreicherInnen eine ganz, ganz tolle Zusatzrente versprach. Auch
Wirtschaftsminister Bartenstein war ganz, ganz begeistert und so
beschloss das Parlament, genauer: beschlossen die Regierungsparteien
das ganz, ganz tolle Modell.
Nach dem Beschluss fragte
man die Experten und erhielt die Antwort, dass dieses Modell wirklich
ganz, ganz toll ist, aber eines mit Sicherheit nicht: nämlich
verwirklichbar.
Keine Bank, keine
Versicherung werde jemals seinen Kunden eine Zinsengarantie dieser Art
geben.
Orden bekommt der
Finanzminister für seine Amtszeit also keinen, den kriegte dafür
Gianfranco Fini. Und zwar das „Große Ehrenzeichen am Band“. Herr
Fini ist Führer der sogenannten Alleanza-Nazionale, manche sagen
Postfaschisten zu dieser Partei. Dabei möchte sie höchstens eine Antefaschistische
Partei sein.
Wie dem auch sei, der
gute Mann wurde geehrt für „seine hervorragenden gemeinnützigen
Leistungen für die Republik Österreich“. Am Band darf er den
Orden tragen, weil er „sich unter Lebensgefahr Verdienste um die
Republik Österreich erworben hat“. (Statut für die Ehrung, Zitat
aus dem Standard.)
Bereits wenige Stunden
danach zeigte Fini den gemeinnützigen Orden stolz her. Anlass
war eine Kundgebung für die Umbenennung des derzeitigen „Friedensplatzes“
in „Siegesplatz“. Dieser Platz befindet sich in Bozen und
Siegesplatz hieß er seit den Faschisten, seit kurzem Friedensplatz,
weil manchmal auch die fünf Prozent PolitikerInnen zu Wort kommen.
Manche wünschen sich den
alten Namen und verlangten daher ein Referendum. Auf ihrer Kundgebung
wünschten etliche Siegesbefürworter dem Bozener Bürgermeister den
Tod und grüßten mit dem Mussolinizeichen.
Wer solche Leute
anführt, dem gebührt also das große österreichische Ehrenzeichen!
Und wer hat ihm das
geschenkt? Der Bundespräsident auf Vorschlag des österreichischen
Außenministeriums. Über so viel Professionalität wird sich die
Volkspartei in Südtirol sicher freuen!
Nachdem ich all das
gelesen hatte, wunderten mich auch folgende zwei Kurznachrichten
nicht mehr:
Wolfgang Kos wird
neuer Direktor des Historischen Museums in Wien, weil (oder obwohl?)
er nicht im Dreiervorschlag des Kuratoriums aufscheint, das extra zur
Suche des Direktors gegründet worden war.
Wolfgang Kos war vorher
beim ORF, der soeben - das ist die zweite Nachricht - die Honorare
für HörspielautorInnen um 50 Prozent kürzt.
Verständlich, dass der
gute Mann den ORF verlässt und aus Trotz Museumsdirektor wird.
Schönen Tag noch,
Ihr/euer
Erich Ledersberger
Igls, Tirol am 7. Oktober 2002
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