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Der Splitter
die wöchentliche Kolumne

 

 

Gott muss in die Verfassung!
Er will auch in die Verfassung!

 

 

Die Pflaumenrepublik

Vorige Woche fand in Genf eine Konferenz bedeutender PolitikwissenschafterInnen statt. Wichtigstes Thema war die wissenschaftliche Definition für eine neue Staatsform, die sich vor wenigen Jahren in den mittleren Alpen manifestiert hat.

Binnen kurzem hatte dort eine sogenannte Regierung Entscheidungen getroffen, die den Verdacht nahe legen, es handle sich um eine „Bananenrepublik“.

Die Ministerin für Draußen bezahlt mit Steuergeld einen Fotografen, der mit ihr in der Weltgeschichte umherfliegt. Sie glaubt anscheinend, als Königin in einer Monarchie zu leben.

Der dortige Finanzminister wiederum lässt sich von einer Industriellenvereinigung eine Homepage schenken und bezahlt dafür keine Steuern, während alle anderen Menschen das sehr wohl tun müssen. Der Finanzminister ist sich aber keiner Schuld bewusst, weil er von der Materie zu wenig versteht.

Zum Ausgleich für so viel Unwissenheit gibt es in diesem Staat einen echten Fundamentalisten als Parlamentspräsidenten. Der weiß mehr über Gott und seine Befindlichkeit als alle Kirchen zusammen: Gott will nämlich in die Verfassung! Und so beendet der Gotteskämpfer jede Rede, ob im Parlament oder bei der Bestellung des Mittagessens mit einer Anleihe an Cicero:

„Im übrigen bin ich der Meinung, dass Gott in die Verfassung gehört.“

Selbst die Aussage aller Kirchengemeinschaften des Landes, sie brauchen keinen Gott in der Verfassung, sondern bloß das Recht auf ein menschenwürdiges Leben, verunsicherte den kleinen Alpenfundi nicht: Wenn die Kirchen das nicht wollen, kann man auch nichts machen. Dann bleibt eben seine Partei die einzig wahre Gottesanbeterin des Landes.

So gut sich die Regierung im Jenseitigen auskennt, so leicht verliert sie den Überblick bei den irdischen Dingen. Eines der größten Probleme ist das Zusammenzählen. Vor einem Jahr verrechnete sich das Unterrichtsministerium bei den Schulstunden so sehr, dass sich die Jugendlichen furchtbar überlastet fühlten. Später stellte sich heraus, dass die höheren Beamten die niedrigen Grundrechnungsart des Addierens leider nicht beherrschten und alles ein bisserl falsch war.

Genauso erging es den Leuten im Ministerium des Verkehrs, als sie die LKWs zählten, die über die Berge des kleinen Staates keuchen. Die höhere Mathematik, so scheint es, ist für die Menschen in den Bergen einfach zu hoch.

Leider hapert es nicht nur beim Rechnen, nein, auch das Sprechen fällt den dortigen Politikern ziemlich schwer. So sprach der Herr Innenminister vor kurzem, „er lade die Asylsuchenden ein, doch wieder in die Heimat zurückzugehen“.

Auf diese Weise gelang es seinen Beamten bereits einige Asylsuchende zur Umkehr zu bewegen. Die Einladung war einfach zu herzlich, als dass ein vulgärer Flüchtling sie ausschlagen konnte.

Die Politikwissenschaft bezeichnet einen solchen Staat gemeinhin als „Bananenrepublik“. Das Seltsame an diesem Staat aber war, dass seine Regierung demokratisch gewählt war!

Nach langen Diskussionen einigten sich die beteiligten Wissenschafter schließlich auf den neuen wissenschaftlichen Begriff „Pflaumenrepublik“. Darunter wird eine demokratisch gewählte Bananenrepublik verstanden.

Schöne Tage, in welcher Republik Sie auch immer leben

Ihr/euer
Erich Ledersberger
Igls, 24. November 2003

P.S.: In einem Monat ist Weihnachten. Und im übrigen bin ich der Meinung, dass Weihnachten die Geschäfte offen haben sollen. Aber mit Gott!

Denken macht Spaß!


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