Vor einigen Tagen wachte ich zu mitternächtlicher
Stunde schweißgebadet auf. Ich war soeben von einem Mautsystem in
einem Intelligenztest geschlagen worden!
Die an uns (mich und das Mautsystem) gestellten
Aufgaben bestanden darin, einen LKW mit 15 Tonnen Nutzlast auf 8000
Meter Entfernung zu erkennen, das Autobahnpickerl inklusive Jahrgang
zu identifizieren und die Summe aller in Österreich gefahrener
Kilometer zu addieren. Das Ausmaß meiner Niederlage war nicht einmal
mit Waterloo vergleichbar.
Dieser Alptraum humanistischer Allgemeinbildung
geht mir nicht mehr aus dem Kopf und hat mich an jene Stelle im „Mann
ohne Eigenschaften“ erinnert, wo dieser sich darüber wundert, dass
Tennisspieler und Pferde in Zeitungen als „genial“ bezeichnet
werden.
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts verwechselten
Journalisten offenbar diverse Begriffe, obwohl ihnen in den stillen
Stunden ihres Nachdenkens klar gewesen sein wird, dass Einstein genial
war, aber sicher nicht das Pferd „Johann“, weil es zum achten Mal
ein Rennen gewonnen hat. Und selbst ein so toller Tennisspieler wie
Boris Becker ist als Genie ziemlich unglaubwürdig, obwohl er sicher
genialer ist als jedes Pferd.
Was damals der Begriff „Genie“ war, ist heute
zum Beispiel jener der Intelligenz. Wir bekommen intelligente
Mautsysteme, intelligente Kühlschränke, intelligente Handies, sogar
von intelligenten Häusern ist die Rede. Aber was haben diese Dinge
mit Intelligenz zu tun? Gar nichts, denn sie können vieles, aber
sicher nicht denken. Und das ist eine Voraussetzung für Intelligenz.
Leider ist das nicht die einzige Verwechslung von
Begriff und Inhalt. Eine andere, sehr moderne Verwechslung bezieht
sich auf „Medienkompetenz“. Aber davon soll ein anderes Mal
geschrieben werden, schließlich möchte ich meine Intelligenz nicht
überfordern. Womöglich liest ein Mautsystem meine Zeilen und
blamiert mich ein weiteres Mal!