Landung in der Zwetschkenrepublik

Das Meer

Der Himmel war sehr blau in den letzten Tagen, das lag wohl an Griechenland. Eine Woche Schreiburlaub auf Zakynthos tat gut, vor allem, weil ich
den Läden mit österreichischen Zeitungen ausgewichen bin. Ein einziges Mal ertappte ich mich dabei, eine Überschrift zu lesen. Sie erfüllte meine Erwartungen und ich ging meiner Wege.

Nun bin ich zurück, versuche die Atmosphäre der Insel zu behalten und fühle: Ich werde scheitern!

In der Hand habe ich eine rosa Zeitung, die einzig liberale des Landes. Linke Medien gibt es nur noch in Nischen, die kaum jemand kennt, konservative bis reaktionäre beherrschen die monotone Landschaft.

Immerhin eine erfreuliche Titelgeschichte: Der Chef der Hypo-Adria, einer Bank, die unsere Steuerabgaben noch lange Zeit benötigen wird, wurde vom Höchstgericht zu 3,5 Jahren Haft verurteilt. Der Schaden wird auf etwa 5,5 Millionen Euro geschätzt, insofern ein mildes Urteil, manche werden wegen des Diebstahls einer Klopapierrolle mitunter zu zehn Jahren ins Gefängnis (österreichisch: „Häfn“) geschickt. Zumindest dann, wenn sie vorher neun Mal wegen eines ähnlichen Delikts verurteilt worden sind, also einen Gesamtschaden von vielleicht 30 Euro verursacht haben. Immerhin: Ein Wirtschaftskrimineller folgt ihnen nach. Ob auch hier noch die Unschuldsvermutung gelten muss, jenes Wort, das sich zu einem Unwort der Berichterstattung entwickelt hat, weiß ich nicht, ich bin kein Jurist. Der Verurteilte selbst ist, man kennt das, jedenfalls von seiner Unschuld überzeugt.

Damit hatte es sich schon weitgehend mit den guten Nachrichten.

Formal falsch

Es folgt die Meldung, dass der „Whistleblower“ (hierzulande eher „Nestbeschmutzer“ genannt) Edward Snowden zwar einen Asylantrag an Österreich gestellt habe, der allerdings ungültig sei. Und zwar aus formalen Gründen, der Antrag müsse in Österreich gestellt werden. Falls er dann abgelehnt würde, hätte man den Mann wahrscheinlich in die USA exportiert, schließlich gibt es einen internationalen Haftbefehl. Wäre irgendwie unangenehm gewesen, glücklicherweise ist, wie gesagt, der Asyantrag formal falsch, eine beliebte österreichische Methode, sich aus allen heiklen Dingen rauszuhalten.

Eine andere ist bekanntlich die Entwicklung immer neuer bürokratischer Ideen, um die Verwirklichung der ursprünglichen zu verhindern. Ein eher unbedeutendes Beispiel dafür ist das „Ringen um Lösung für Tiroler Downhill-Biker“. Es geht dabei um Menschen, die mit dem Lift und ihrem Rad (=Downhill-Bike, nicht zu verwechseln mit dem „Enduro-Bike“!) einen Berg hinauftransportiert zu werden, um danach so schnell wie möglich wieder ins Tal zu gelangen. An sich eine willkommene Ausweitung des winterlichen Schisports, in dem Ähnliches mit Bretter unter den Füßen unternommen wird, in den Sommer.

Beide Sportarten sind an sich ökologisch nicht ganz einwandfrei, aber während das Schifahren eine nationale und vor allem wirtschaftliche Institution ist, die weit über Mozart und Schiele hinaus reicht, steckt das „Downhill-Biken“ noch in den Kinderschuhen.

Was also tun? Abwarten. Das hat sich bereits vielfach bewährt und daher zückte die Bürokratie das erprobte Schwert der Arbeitskreise und Studien. Es geht nämlich um die „Wegerechte“, ein schönes Wort, unter dem niemand sich etwas vorstellen kann, also ein erster Schritt in Richtung Verhinderung. Zuständig sind dafür irgendwie die IVB, die Innsbrucker Verkehrsbetriebe. Warum, versteht nicht einmal der gelernte Österreicher. Irgendwie hängt es damit zusammen, dass oberhalt des Weges, auf dem die Radfahrer sich hinunterstürzen, eine Seilbahn der IVB gondelt.

Um ganz sicher zu gehen, bot man also an, eine Studie (21.000 Euro) zu erstellen, um zu eruieren, ob die Verplombung der Fahrräder mit einem Chip, der per Funkkontakt Daten an einen Server liefert, der feststellt, wann Fahrer wo und mit welcher Geschwindigkeit unterwegs sind, um eventuelle Übertretungen, eigentlich Überfahrungen dann … Ich kann diesen Satz nicht beenden, weil ich den Überblick verloren habe, also ein Musterbeispiel für die erfolgreiche Vorgehensweise der Bürokratie bin.

Jedenfalls werden die Gesamtkosten auf etwa 227.000 Euro geschätzt, die dann auf – ja, wen genau? – jedenfalls aufgeteilt werden. Dabei rechneten sich die Ergänzung der Schipisten um die „Downhill-Pisten“ ökonomisch, wie ein Befürworter meint. Man müsse nur das Beispiel der „Whistler Mountains“ betrachten.

Womit mehr oder weniger elegant der Bogen zum „Whistle-Blower“ Snowden vollzogen ist. Beide sind aus formalen Gründen auf die lange Bank geschoben, also die Hypo-Adria, siehe Anfang.

Und weil dieser Text somit eine runde Sache geworden ist, schreibe ich nichts über die weiteren Nachrichten, die sich mit Stronach, einer Mischung aus Grillo und Berlusconi, oder mit den wie immer unerfreulichen Informationen aus der Bildungsreform (he, he) beschäftigen.

Die Landung in der Zwetschkenrepublik ist ernüchternd, vielleicht hilft dagegen ein Glas Wein.

Prost!