„Bringen’s
mir halt in Gottes Namen eine Torte. Is eh schon wurscht.“
Danach
fährt sie flüsternd fort:
„Wissen
Sie, was er mir gesagt hat? Dass er mit der Grete geschlafen hat! Stelln
Sie sich das vor, mit der Grete! Für die hätt ich mir den Kopf
abschneiden lassen! Die war meine beste Freundin! – Und dann hat er
mir gesagt, dass er das nur getan hat, um mir zu beweisen, dass alle
Menschen schlecht sind. Frau Hofer, ist des wirklich so? Is die ganze
Welt schlecht? – Ausgerechnet die Grete. Wie hat sie mir das antun können.“
Frau
Navratil nimmt ihre Handtasche, zieht ein großes, leinernes Taschentuch
hervor und schnäuzt sich kräftig, um die Tränen zu beseitigen, die
beinahe über ihre Wangen gerollt wären.
„Ich
kann ihr doch nicht den Schlüssel wegnehmen, hab ich mir gedacht. Dann
weiß sie, dass ich alles weiß! Irgendwann kommt sie dann in meine
Wohnung und will womöglich eine Nacht bei mir schlafen, weil ihr Mann
wieder betrunken ist ... Nein, das halt ich nicht aus, Frau Hofer.
Ausgerechnet die Grete! Gibt es denn nur mehr Sex auf der Welt, rauen
Sex?“
Frau
Hofer nickt zu ihren Worten und versucht, ihre Freundin zu trösten:
„Das
kommt in den besten Kreisen vor.“
Frau
Navratil seufzt.
„Ja,
dort. Aber bei uns? Wenn sie wenigstens etwas getrunken hätten, bevor
sie ... aber nein, stocknüchtern waren’s! Die Grete, die immer
sagt, sie macht sich nichts aus Männern. Er wollt nur bezwecken, dass
ich niemand mehr vertrau. Du bist nicht normal, Fritz, nicht normal, hab
ich gesagt. Warum kann ich keine Ruhe finden, Frau Hofer? Was hab ich
denn getan?“
Die
Kellnerin bringt Kaffee und Torte, von der Frau Navratil gleich einen
großen Bissen nimmt. Während sie die Süßigkeit hinunterschlingt, wächst
ihre Traurigkeit, und endlich hat sie den Mut, ihre Ratlosigkeit
auszusprechen:
„Ich
werde Ihnen helfen, Frau Navratil!“
Die
kann es gar nicht fassen.
„Wirklich?“
fragt sie. „Frau Hofer, das wär ja ... Ich trau mich gar nicht nach
Haus. Immer stell ich mir vor, wie’s die beiden auf der Sitzbank
treiben. Ich seh sie direkt vor mir, manchmal bild ich mir ein, ich
riech schon ihren Schweiß und die Ausdünstungen. Ekelhaft. Ich
halt’s einfach nicht mehr aus in der Wohnung, mir graust so. – Ich
brauch irgendwo einen Platz, Sie verstehn mich doch, Frau Hofer?“
Hilfesuchend
schaut Frau Navratil in die sanften Augen der Frau Hofer. Die hat einen
Plan.
„Natürlich
versteh ich Sie. Wir werden das schon schaffen. Ich hab von meinem Mann
einen kleinen Garten geerbt, dort steht auch eine kleine Hütte.“
Sie
zwinkert Frau Navratil begütigend zu.
„Das
würden Sie für mich tun? Ich brauch ja nicht viel Platz, es ist schließlich
nicht für ewig. Später brauch ich natürlich einen richtigen Platz,
den man herrichten kann, wo man sich zu Hause fühlt. Das wär nur eine
Übergangslösung. Und es macht Ihnen nichts aus?“
Frau
Hofer lächelt.
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