Textsondierungen
Einigen Besuchern von
Kakanien ist aufgefallen, dass der Splitter eine Woche lang nicht
erschienen ist.
Das ist richtig, aber Sie
wissen schon: speed kills und deshalb war ich einige Tage dabei, mit
verschiedenen Themen Sondierungsgespräche zu führen.
Bekanntlich bin ich ein
großer Bewunderer unseres derzeitigen BK, des heiligen Wolfi und
seines Assistenten, des heiligen Anderl. Beide sind allzeit nach
allen Seiten hin offen, auch dort, wo andere sitzen.
Angeblich hat
sich dort bereits eine große Menge an Minister- und
Ministerinnenanwärter und -innen breit gemacht, so dass es den beiden
Herren mitunter schon Schwierigkeiten bereitet, bequem zu sitzen.
Aber lassen wir die
Regionalpolitik beiseite, wenden wir uns den wahren Problemen der Welt
zu. Da ist einmal die Gottesfrage, die jeden von uns Tag und Nacht
bewegt. Schon die Frau Gräfin, deren Name ich mir nicht merken kann
und die nebenberuflich Managerin der ÖVP ist, dankte am Abend des
Wahlsieges, dass der liebe Gott dem Bundeskanzler die Kraft gab,
diesen Sieg zu erringen.
Deshalb hat der heilige
Anderl sofort beschlossen, Gott in die Verfassung aufzunehmen. Das ist
er aus seiner Heimat Tirol so gewohnt und warum soll die Welt, also
Österreich, nicht endlich am Tiroler Wesen genesen statt am
deutschen?
Die Begeisterung anderer
Politikerinnen und Politiker hielt sich in Grenzen und deshalb schlage
ich vor, auch Nicht-Gott in die Verfassung zu übernehmen. So wäre
allen gedient, ein echter österreichischer Kompromiss könnte lauten:
„Ich schwöre bei Gott
und bei Nicht-Gott, dass ich die Republik Österreich in allen Zeiten
ehren und verteidigen werde bei Gott und bei Nicht-Gott ...“ könnte
der österreichische Eid auf die Verfassung bei Gott und nicht lauten.
Bei der genauen
Sondierung, wen das interessiert, bemerkte ich allmählich, dass
dieses Thema ein Minderheitenprogramm ist. Etwas interessanter ist die
Frage, warum wir eine Wahl hatten, wenn die Regierung die gleiche
geblieben ist.
„Wozu eine neue, wenn
es doch so auch geht“, sagte unser göttlicher und nicht-göttlicher
BK sinngemäß, als unser aller Bundespräsident den heiligen Wolferl
aufforderte, Koalitionsverhandlungen zu starten. Der Bundespräsident
ist ja einst der Kandidat der ÖVP gewesen und kennt den BK, einen
echten Beamten, ganz genau. Kein Wunder, dass er ihn schon im vorigen
Jahr ermahnte, schnell eine Koalition zu gründen.
Bei genauer Sondierung
dieses Themas fand ich aber, dass auch die Koalition nicht interessant
ist. Bereits vor Wochen stand auf diesen
Seiten, dass die neue
Regierung die alte Regierung sein wird, wozu also weiter darüber
schreiben?
Was gab das
internationale Thema „EU gegen Krieg im Irak“ her? Gar nichts, wie
sich diese Woche herausstellte. Die EU hat nämlich ein Organ, das
etwas beschließt und fünf Staatsleute, die sich nicht an die
Beschlüsse halten. Dazu kommen ein paar Nicht-EU-Staaten und schon
gelingt es Europa, sich lächerlich zu machen. Dass sich darunter auch
Vaclav Havel befindet, wundert den Schreiber so sehr, dass er
befürchtet, nicht Saddam Hussein wird, sondern die USA haben bereits
einen biologischen Angriff auf die menschlichen Gehirnwindungen
gestartet.
Aber auch dieses Thema
ist nicht wirklich interessant.
Mein Gott bzw. mein
Nicht-Gott! Der Irak ist weit weg und wo gehobelt wird, da fallen
Späne und wenn Saddam erst weg ist, dann wird sich Nordkorea zu Tode
fürchten und alle Atombomben vernichten. So wird der Bush, der
eigentlich Baum heißen müsste, zum göttlichen bzw.
nicht-göttlichen Erlöser der freien Welt. Aber was hat das mit dem
alten oder dem neuen Europa zu tun? Rein gar nichts.
Ich sondierte also weiter
und fand endlich das Thema, das mit mir, der Welt, Gott und Nicht-Gott
eine ideale Koalition eingehen wird:
Hermann Maier!
Denn dass dieser Mann
einfach großartig ist, darüber sind sich alle einig, sogar der
Spiegel und mit ihm alle Intellektuellen und Intellektuellinnen. Und
deshalb geht Kakanien eine Koalition mit Hermann Maier ein! Da kann
gar nichts schief gehen!
Zumindest bis nächste
Woche
Ihr/euer
Erich Ledersberger
Igls, 3. 2. 2003
P.S.: „Da fragt sich
der Laie natürlich, ob das mit Materialermüdung zu tun haben kann,“
sagte am Samstag der ORF-Redakteur in der ZiB, als er vom Absturz des
Spaceshuttle berichtete. Genau, kann ich nur hinzufügen. Denn wenn
ich zur Reparaturwerkstätte gehe, sage ich niemals, dass meine
Bremsen kaputt sind, sondern dass meine Bremsen Materialermüdung
zeigen. So ist das, bei Gott und Nicht-Gott!
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