Kein Nachruf

In Österreich starben voriges Jahr 686 Menschen durch Verkehrsunfälle. Ein großer Teil von ihnen deshalb, weil er zu schnell gefahren, ein großer Teil, weil er betrunken war. Manchmal waren die Lenker auch beides gewesen: zu schnell und betrunken.Als vor einigen Jahren in Baden bei Wien Kinder von einem betrunkenen Autofahrer niedergemäht wurden, demonstrierten Verwandte und Freunde der Getöteten so lange, bis die österreichische Regierung sich aufraffte, die Promillegrenze zu senken: von 0,8 auf 0,5 Promille.

Vor einigen Tagen fuhr ein Politiker mit etwa 142 km/h. Im Ortsgebiet. und 1,8 Promille.
Das entspricht laut der Zeitung „Die Presse“ etwa zehn doppelten Schnäpsen.

Warum, dachte er vielleicht, sollen für mich Verkehrsschilder gelten, wo ich doch der Herr über alle ein- und die wenigen mehrsprachigen Ortsschilder bin?

Was denken die Eltern der zehnjährigen Anna, die gerade in diesem Moment auf die Straße tritt, als der betrunkene Raser über die Dörfer fegt? Und ihren kleinen Körper zerfetzt?
Nein, Anna war nicht dort. Aber sie hätte dort sein können.

Danke!

Der Tod des Kärntner Landeshauptmanns lässt keinen Platz für Satire. Dieser Mann war ein großes Talent im Umgang mit Menschen. Und ein begnadeter Schauspieler. Zwischen den Veranstaltungen wechselte er den Heimat- mit dem Designeranzug genauso schnell wie die Sprache. Mal war er seriöser Staatsmann, dann wieder jener, der Österreich als ideologische Missgeburt bezeichnete oder angeblich Straffällige auf die „Saualm“ transportieren ließ.

Sonderunterbringung“ nannte das sein Sprecher.

Als „Endlösung“ schwebte Haider – das war sein letzter Streich – die Abschiebung dieser Menschen vor. Ja, es ist sein „Verdienst“ , dass in Österreich dieses Wort verwendet werden darf, als hätte es die Endlösung der Nazis, die Ermordung der Juden, nie gegeben.

Das wahrhaft Erschütternde aber sind die Reaktionen auf den Tod eines Menschen, der Österreich immer mehr zu einem Schrebergarten der Vorurteile werden ließ und Lösungen immer nur in Form von Feindbildern angeboten hat. Schuld an allem Übel waren bei ihm die Ausländer, die Asylanten, das Fremde.

„Als Populist war Haider ein Vorbild für Nachahmungstäter überall in Europa.“, schreibt Anton Pelinka, jener Politikwissenschafter, den die Universität Innsbruck gerne nach Budapest ziehen ließ, damit die hiesigen Lichter ohne Konkurrenz glimmen dürfen.

Viele Kärntnerinnen und Kärntner sehen das anders:
„Danke, dass ich in deiner Nähe sein durfte.“
„Danke, dass du mir einmal die Hand gereicht hast.“
„Danke für all das Gute, was du für uns und unsere Familien geschaffen hast.“

So steht es, neben vielen anderen Eintragungen, im Kondolenzbuch.

Es ist, als sei die Zeit tatsächlich „still gestanden“, wie das ein BZÖ-Funktionär gesagt hat. Allerdings schon seit 200 Jahren, damals, als unsere Vorfahren in einer Monarchie lebten, in der Fürsten und Könige huldvoll jenes Geld unter die Untertanen verteilten, das jene erarbeitet haben.

Es ist fürwahr noch ein weiter Weg zur Demokratie.

Der Herr Karl

„Und dann hat er mich angeschaut mit seinen blauen Augen, und ich habe ihn angeschaut. Dann hat er gesagt: „šJaja!’ – Da hab ich alles gewusst.“

Die Figur des „Herrn Karls“ sagt das über seine Begegnung mit Adolf Hitler. Helmut Qualtinger hat ihn gespielt, den Herrn Karl, das Spiegelbild eines bestimmten Österreichers.

Jener Österreichers, der sich freut, wenn einer von „da oben“ ihm zulächelt und ihm die Hand auf die Schulter legt. Dann ist für ihn die Welt in Ordnung, für so einen würde er glatt jemanden erschlagen. Oder fortjagen.

In diesem Jahr wäre der begnadete Schauspieler Qualtinger 80 Jahre alt geworden. Der ORF ehrt ihn irgendwann in der Nacht, so spät, dass niemand ihn sehen kann.

Dabei ist der „Herr Karl“ noch immer aktuell.

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