Die österreichische Variante der deutschen Sprache weist viele Eigenarten auf.
Hier sehen wir zum Beispiel kein Rührei, sondern eine Eierspeis mit Grünzeug.
Und sonst noch?
Schaumamal.
Schiache Grammel oder hässliche Griebe?
Österreich hat sich einige Wörter von der EU („Protokoll Nr. 10 über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union“) sichern lassen, beispielsweise Erdäpfel statt Kartoffel, Grammel statt Griebe oder Topfen statt Quark.
„Red‘ kan Topfen“ klingt eben schöner als „Rede keinen Quark“. Und „a schiache Grammel“ sagt mehr aus als „eine hässliche Griebe“. Bezeichnenderweise wurden ausschließlich Lebensmittel geschützt, aber keine Adjektiva (Eigenschaftswörter) wie zum Beispiel „schiach“.
Vielleicht schmeckt deshalb das Essen in Österreich besser als in Deutschland?
Manchmal nützt aber der beste EU-Schutz nicht viel und so versteht mich bereits in Tirol kaum jemand, wenn ich einen „Schweinslungenbraten“ (Schweinefilet) kaufen will. Auch „Obers“ wird im Westen kaum mehr verkauft. Der germanische Einfluss ist groß, sowohl von touristischer Seite, mehr noch von Fernsehserien her.
A Sackerl fürs Gackerl
Zum Ausgleich halten sich Begriffe wie „Sackerl“ statt „Tüte“ ganz ohne Begriffschutz. Ein Wiener Freund weigert sich sogar in Deutschland, an der Kassa eine Tüte zu verlangen. Seine (deutsche) Freundin muss einspringen, andernfalls würde er den Einkauf mit bloßen Händen nach Hause balancieren, was ökologisch gesehen ohnehin vernünftiger wäre. Wenn in seiner Umgebung jemand ein Essen „lecker“ findet, bekommt der junge Mann übrigens lang anhaltende Schreikrämpfe.
Aber es geht noch mehr! Immer häufiger stelle ich fest, dass österreichische Worte expandieren. Ein sprachlicher Imperialismus unseres kleinen Landes, kriegerisch waren wir nie sonderlich erfolgreich, was ich übrigens sehr sympathisch finde.
Neulich hörte ich etwa in der Straßenbahn eine junge Deutsche davon berichten, dass sie an einem Würstelstand eine — wie hieß das gleich? Genau! — „Eitrige“ bekommen habe. Mit einem „16er Blech“. Ihre Begeisterung war so laut, dass der gesamte Waggon davon erfahren konnte.
Und das „Sackerl fürs Gackerl“ fand sie so betörend, dass ein paar Fahrgäste die Flucht ergriffen. Die Lautstärke ihrer Stimme übertraf zu diesem Zeitpunkt bereits einen startenden Eurofighter.
Da fiel mir auf, dass unsere Sprache einerseits dezimiert wird, wie Robert Sedlaczek immer wieder feststellt, aber andererseits eine wahren Siegeszug antritt.
In Berlin sagte ein Eingeborener beim Abschied zu mir „baba“ und die wahrhaft österreichische Aussage „Schaumamal“ ist nahezu überall in deutschen Landen anzutreffen.
Als ich meinen (deutschen) Freund Michael auf den Flughafen Berlin, der seit einigen Jahren fertiggestellt wird, ansprach, sagte er: „Schaun wir mal.“
Okay, (besser: „nau jo“) das ist noch kein lupenreines Österreichisch, aber in ein paar Jahrzehnten, wenn der Flughafen noch immer nicht fertig sein wird, lautet auch im Norden die Auskunft: „Schaumamal“.
Und diese melodische Verkürzung des Satzes „Wir werden schon sehen, wie es weitergeht, machen kann man ohnehin nichts dagegen“ drückt doch aus, was wir in Zeiten wie diesen fühlen.
In diesem Sinn:
Schaumamal wie’s weitergeht und baba bis nächsten Sonntag.