Kurt Tucholsky, einer meiner liebsten Autoren, fragte sich bereits im vorigen Jahrhundert, was am Rande eines Loches ist.
Loch oder Nicht-Loch? Wo ist die Grenze?
Warum schließt der österreichische Kanzler diese Grenze nicht? Weil zu viele Löcher in seiner Umgebung sind und er befürchtet, in eines zu fallen?
Wo sind sie geblieben? Die Löcher?
Keine Sorge, heute geht es nicht um Politik, sondern um Käse. Die Löcher im Schweizer Käse nämlich. Sie müssen in bestimmten Schweizer Käsesorten nämlich da sein, während sie in Kaufhäusern plötzlich verschwunden waren.
Allerorten tauchte Schweizer Käse ohne Löcher auf!
Ein Tilsiter oder Emmentaler ohne Löcher ist aber wie die Antarktis ohne Ozonloch.
Kein Wunder, dass die Schweizer Käseproduzenten in höchster Erregung waren und sich auf die Suche nach den verschwundenen Löchern begaben.
Als unbeteiligter Beobachter fragte ich mich sofort, wie kann man etwas suchen, das sich dadurch auszeichnet, dass es nicht ist.
Also ein Nichts ist.
Die Fragestellung erinnerte mich unwillkürlich an meinen Religionsunterricht. Ein skeptisches Kind fragte damals, warum Gott nichts gegen das Leid der Kinder in Afrika unternahm.
Der Religionslehrer erklärte uns damals, dass Gott existiert, aber niemand ihn sehen oder begreifen kann und er in seiner Gnade den Menschen auch die Freiheit gegeben hatte, Kinder verhungern zu lassen.
Insofern hat Gott eine Ähnlichkeit mit einem Loch:
Er – beziehungsweise es – ist da, aber irgendwie doch nicht.
Das Loch ist die Basis von Käse
Zurück zum konkreten Problem: Schweizer Emmentaler ohne Löcher geht so wenig wie eine österreichische Regierung ohne … aber das führte jetzt zu weit, ich beschränke mich auf Käse.
Löcher sind für gewisse Käsesorten wesentlich, um nicht zu sagen: essentiell. Manche Schweizer Käsesorten zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie Teile haben, die es nicht gibt:
Löcher.
Löcher sind ihr Charakteristikum.
Ein Käse ohne Loch ist wie eine Jungfrau mit eben diesem.
Undenkbar.
Pardon, das war sexistisch, darum möchte ich es ins Allgemein-Menschliche erweitern:
Ein Käse ohne Löcher ist wie eine österreischische konservative Regierung ohne Rechtsradikale: heimatlos.
Ohne Loch kein Emmentaler und kein Tilsiter.
Löcher müssen vorhanden sein, damit die Nicht-Löcher ihrer Existenz sicher sind.
Ohne Loch keine Materie und kein Schweizer Emmentaler.
Die Grenze zwischen Loch und Nicht-Loch ist fragil.
In friedlichen Zeiten ist der Übergang zwischen Loch und Nicht-Loch verschwommen. Man weiß nicht so genau, wo das Loch beginnt und wo es endet. In finsteren wird alles klar. Dann haben die Löcher für einige Zeit die Herrschaft.
Diese Zeiten möchte ich nicht gerne erleben.
Jetzt bin ich doch ein bisschen abgewichen vom Thema Käse.
Nochmals zusammengefasst:
Die Löcher im Emmentaler und Appenzeller Käse werden durch Bakterien hervorgerufen.
Wenn diese fehlen, fehlen auch die Löcher.
Ob diese Bakterien in der Politik beseitigt werden können, ist derzeit fraglich.