Als der Sturm auf die Bastille misslang

Also das kam so: Ende des 18. Jahrhunderts waren die sozialen Verhältnisse in Frankreich so elend, dass den Menschen keine Wahl blieb: 25% der Staatsausgaben verschlang das Militär, 6% die königliche Hofhaltung, 5,81% wurden für höfische Feste verwendet.
Und das Volk hungerte.

 

Das Volk erhebt sich!

Es war genug mit dem Elend. Die Nachrichten von üppigen Gehältern und prunkvollen Festen verbreiteten sich im Land. Die Brotpreise explodierten,   immer mehr Menschen rotteten sich zusammen, protestierten gegen die adeligen Parasiten. Die Gefangenen der kleinen Festung, der Pariser Bastille, sollten befreit werden, unter ihnen ein gewisser  Marquis de Sade.

„Die Gefangenen der Bastille werden gemeuchelt und gemordet! Zu Hilfe, gute Leute, zu Hilfe!“, rief er dem Pöbel zu.

Die Empörung war groß, ein Ruf erschallte durch Stadt und Land:
Freiheit. Gleichheit. Brüderlichkeit.

Sie hatten keine Waffen, also stürmten sie ein Waffenlager des Königs und nahmen sich das, was sie für den Krieg gegen die Herrscher nehmen konnten. Sie sammelten sich, waren bereit, auf die Bastille zuzulaufen.

„Halt“, rief da eine Stimme. „Wo bleiben die Frauen? Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit. So soll der Ruf heißen.“

Ein paar Menschen blieben stehen. Von hinten drängten die Massen.

„Na gut“, sagte der Anführer, ein vernünftiger Mann. „Dann soll es heißen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit. Hauptsache, wir stürzen die Tyrannen. Vorwärts, Brüder, also Brüder und Schwestern: Nieder mit der Diktatur!“

Und abermals stürmten sie vorwärts, da ertönte eine andere Stimme:
„Und was ist mit den Schwulen? Es muss heißten: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Schwesterlichkeit und Schwule.“

Einige sahen sich ratlos an, andere erklärten ihnen den Begriff.

„Also gut, in Gottes Namen: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Schwesterlichkeit und Schwule. Hauptsache, wir stürzen die Autokraten, die unsere Steuern stehlen.“

Bevor sie weiterlaufen konnten, rief eine Frau: „Und was ist mit uns Lesben?“

Allmählich machten sich Zweifeln breit. In unterschiedlichen Gruppen diskutierte das Volk über die weitere Vorgehensweise.

Noch einmal setzte sich die Vernunft durch:
„Dann also Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Schwesterlichkeit, Homoerotik und Lesbentum. Nieder mit den Tyrannen.“

Von hinten drängten die Menschen mit Wucht, dass die Vorderen drohten, niedergemacht zu werden. Da schrie jemand:
„Und was ist mit uns PoCs?“

„Was sind PoCs?“, wollte eine Frau wissen. „People of colour, also Ne…, Schwarze sozusagen.“

„Und was ist mit den Gelben?“, wollte einer im Hintergrund wissen.

„Die gehören auch dazu.“

„Also eh wir alle?“, erkundigte sich eine andere Frau.

„Ja“, schrie der Anführer entnervt. „Alle diskriminierten Menschen.“

„Und was ist mit den Tieren? Die haben auch Gefühle!“

„Wie lautet jetzt endlich unser Schlachtruf?“

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Schwesterlichkeit, Homoerotik, Lesbentum, PocS und überhaupt. Auch Tiere sind Menschen. Nieder mit den Tyrannen.“

„Alle Tiere? Auch Krokodile? Und Insekten?“

„Das wird nix mit der Revolution, rief ein Unbekannter aus der letzten Reihe und wandte sich zum Gehen. Andere folgten ihm, allmählich löste sich die Menschenmenge auf.

Die Tyrannen freuten sich.