In einem Buch über Österreich, das vor einigen Jahren erschien, stand die interessante Mitteilung, dass dieses Land so viele Tageszeitungen hat wie Rumänien. Damals war Rumänien noch nicht der EU beigetreten. Vielleicht ist das Verhältnis heute noch schlechter. Obwohl wir Österreich haben. Oder eher weil?
Nein, nicht im Sinne von Eigentum, sondern im Sinne von Zeitung. Österreich hat eine Zeitung, die so heißt, wie es. Das Österreich. Oder so.
Österreich gibt es günstig zu kaufen, die meisten Menschen bekommen es sogar geschenkt. Etwas, das so billig ist, kann nicht viel wert sein, sagt der Volksmund. Und irrt. Denn Österreich ist einmalig.
Seine Eigentümer heißen Fellner und starteten ihre Karriere als Redakteure eines kritischen Schülermagazins.
Wer hätte das gedacht?
Sagt dieses Phänomen nicht viel aus über die Wandlungsfähigkeit von Österreich? Um nicht zu sagen Anschmiegsamkeit an die jeweils herrschenden Verhältnisse?
Österreich hat auch eine Website. Dort gibt es Nachrichten aufregender Art aus aller Welt. Eine der Schlagzeilen, die zwischen den Werbeanzeigen schüchtern hervorlugen, lautete heute:
Wiener Polizei nahm Spiegel-Journalistin fest
Entschuldigen Sie den fetten (Aus)Druck, aber zwecks Authentizität wurde die Überschrift hierher kopiert. (Kakanien hofft, dass daraus kein Urheberrechtsstreit entsteht.)
Die Journalistin hat bei Rot eine Kreuzung überquert und ist laut Österreich „in Wien stationiert“. Daraus lässt sich ableiten, dass wir das 3. Reich noch immer nicht überwunden haben. In Österreich.
Aber im 3. Jahrtausend reagiert Österreich wie ein einziger Widerstandskämpfer:
die Leserbriefe zeigen von ungeheurem Selbstbewusstsein.
„sollten wir alle Gesetzesbrecher mit erhobenen zeigefinger belehren und evtl noch streicheln — wo kommen wir denn da hin?
Es gibt Gesetze, die zu befolgen sind und wer dagegen verstösst, muss mit den rechtl. Konsequenzen rechnen, dh zuerst gem Festnahme gem § 35 Abs 1 VStG wegen Identitätsmangel, dann gem § 177 Abs 1 iVm § 175 Abs 1 Z 1 StPO die vorl. Verwahrung“
Jawoll! Das ist Österreich.
Und deshalb kann ich mich nicht so richtig freuen, wenn wir nun eine Tageszeitung mehr haben als Rumänien.