Robert Musil wunderte sich im vorigen Jahrhundert darüber, dass Rennpferde als genial beschrieben werden. Er empfand das als Niederlage des Denkens und Schreibens. Der Begriff „Genie“ sollte Menschen vorbehalten bleiben. Im neuen Jahrtausend gelangen „Kicker-Aktien“ in den Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung. Das Pferd wurde zum Genie, der Sportler zur Aktie. Warum nicht? Was dem Inhaber von Nike-Aktien recht ist, soll dem Sportfan billig sein. Wobei billig hier symbolisch gemeint ist.
„Weiß ich was ein Reis ist, ich kenne nur seinen Preis“ dichtete Bert Brecht einst. Wer heute Aktien von Manchester United kauft, kennt das handelnde Finanzkapital sogar mit Namen: Christiano Ronaldo und Wayne Rooney zum Beispiel. So menschlich ist der freie Waren- , pardon: Menschenhandel heute geworden! Statt in anonym arbeitende Massen wird in konkrete Menschen investiert. Ein Fortschritt, der von Kapitalismuskritikern leider ignoriert wird.
Ökonomisch gesehen ist das Investment riskant, wie ein gewisser Herr Fey, Fußballexperte beim DAI (Deutsches Aktieninstitut), warnt. Die Aktien von Borussia-Dortmund sind von elf Euro auf derzeit zwei Euro gesunken. Vom Gewinn her gesehen gleicht das einer Katastrophe, sportlich gesehen ist es eine selbstlose Förderung des Spitzensports.
Den brauchen alle um zu begreifen, dass Sport ungesund ist.
Beim Berufssport geht es bekanntlich um einen kranken Geist in einem kranken Körper, der Spitzenleistungen hervorbringt, die niemand braucht. Abgesehen von den Unternehmen, die über den Umweg Tour de France, Fußball-WM oder Olympia in die Medien gelangen.
„Kampftrinken“ entspricht zwar dem olympischen Gedanken (Dabeisein ist alles), wird aber sportlich noch nicht anerkannt. Ein Berliner Wirt muss sich vor Gericht dafür verantworten, dass sein Gegner, ein 16-Jähriger, im fairen Kampf gestorben ist. Die Alkohollobby hat hier, im Vergleich mit der Sportlobby, noch einiges aufzuholen.
Was spricht dagegen, das illegale Doping bei Radfahrern und Co um die legalen Freuden des Alkoholtrinkens zu ergänzen?
Disziplinen gäbe es in Hülle und Fülle. Etwa der einfache „Biersprint“ — wer schafft die meisten Maß in der Minute? Ein Bewerb, in dem die Bayern als Favoriten gehandelt werden. Oder der „Weinmarathon“ — wie viel Zeit benötigen die Sportler für das Leeren eines kleinen Eichenfasses. Hier sind die Südländer im Vorteil, wobei das kleine Österreich sich Chancen auf einen Spitzenplatz ausrechnet. Oder das „Klarspülen“ — es wird so lange Schnaps getrunken, bis nur mehr einer stehen kann.
Natürlich gäbe es eine Nationenwertung, Staffeltrinken und alle Bewerbe im Sitzen, Stehen und Liegen.
Unsere Weinbauern könnten Sportvereine gründen mit so klingenden Namen wie „Vorwärts Gewürztraminer“ und „AC (=Alkoholclub) Riesling“, die sich alsbald in börsennotierte Unternehmen verwandeln. Einem Alk-DAX stünde nichts mehr im Wege.
Und irgendwann sitzen wir alle mit Karottensaft vor dem Fernseher und lassen Berufssportler für uns saufen! Das freut dann auch die Krankenkassen.