In der Karl-Liebknecht-Straße in Leipzig wurde 1905 mit dem Bau des Volkshauses begonnen.
Bildung hatte (damals) für die Arbeiterbewegung, die heute Arbeitnehmer- und Prekariatsbewegung heißen könnte, große Bedeutung.
Wissen ist Macht!
Zumindest glaubte die Sozialdemokratie das im 19. und 20. Jahrhundert.
1861 wurde in Leipzig unter Mitarbeit von August Bebel der „Gewerbliche Bildungsverein“ gegründet.
Das Volkshaus entstand einige Jahrzehnte später, finanziert durch Spenden der Arbeiter. Es wurde von den Gewerkschaften für eine Bibliothek, Veranstaltungen, aber auch als Übernachtungsmöglichkeit genutzt.
Nachdem die Nazis alle politischen Feinde, in erster Linie Sozialdemokraten und Kommunisten, ausgeschaltet – und später ermordet – hatten, übernahmen sie auch das Volkshaus. Die Nazi-Organisation „Kraft durch Freude“ benannte es in gewohnt zynischer Art in „Haus der Arbeit“ um.
Im 2. Weltkrieg zerstört, wurde es danach wieder aufgebaut, von der DDR-Regierung in „Ernst-Thälmann-Haus“ umbenannt. Nach der Wiedervereinigung wurde der DGB, der deutsche Gewerkschaftsbund, Eigentümer.
Und was machte die SPD-nahe Organisation?
Sie verkaufte das Haus, das Bildung verbreiten sollte.
Das Haus gehört nun einer Investmentgesellschaft, dagegen nützte auch der Protest Leipziger Gewerkschafter nichts. Nun darf der DGB als Mieter hier wohnen. Wie lange, wird sich wohl an der weiteren Entwicklung der hiesigen Immobilienpreise orientieren.
Essen im Volkshaus
Eine alte linke Weisheit lautete:
„Ein denkender Arbeiter trinkt nicht.
Ein trinkender Arbeiter denkt nicht.“ (Victor Adler, österreichischer Sozialdemokrat)
Dass Arbeiter nicht gut essen sollen, davon war nie die Rede.
Leider vergeht einem die Lust am Essen im Gasthaus des Volkshauses. Das haben sich weder die denkenden Arbeiter noch die anderen Gäste verdient.
Kann aber auch sein, dass die rohen Kartoffeln und der zu heiß gedämpfte (ja, ist der hiesigen Küche gelungen!) Fisch, den das geronnene Eiweiß wie ein weißer Mantel bedeckte, ein Vorgeschmack auf die Zukunft sind.
Die Kellnerin glich das misslungene Essen durch herzliche Freundlichkeit einigermaßen aus. Wie hier überhaupt auffällt, dass Menschen unversehens mit mir zu reden beginnen, mir in die Augen sehen und häufig lächeln.
Mehr über Leipzig nächste Woche.
(Falls ich nicht vorher noch über eine seltene Erscheinung berichte: einen Menschen ohne Tätowierung! Habe ich in Leipzig mit eigenen Augen gesehen.)
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