Österreich verstehen – aber wie?

Freudsalat

Neulich in der Berggasse

Das schöne Land in den Alpen birgt viele Geheimnisse, etwa warum hier neuerdings eine rechts-populistische Partei in einer Koalition mit einer christlichen Partei ist.

Damit auch Menschen im fernen Europa uns verstehen, starte ich diesen akademischen Einführungskurs. Abschlussprüfung ist in einigen Jahren.

 

Vom Surf-Bachelor zum Kakanien-Master

Die Idee zu einem Studium von Österreich vulgo #Kakanien kam mir, als ich vom Bachelor-Studium „Surfen“ hörte. In Großbritannien können Interessierte nicht nur Golfen oder Biertrinken studieren, sondern auch Surfen.
Golfen, surfen und Bier trinken können Studierende auch während anderer Studien, aber nur in diesen Studienrichtungen gibt es Bachelors of beer, golf & surfing.

Warum gibt es noch kein Studium über eines der geheimnisvollsten Länder der Erde, das mitten in Europa liegt, aber nichts mit ihm zu tun haben möchte? Österreich nämlich?
Es ist hoch an der Zeit, dieses Studium in das Studium der Geisteswissenschaften zu implementieren.

Darum starte ich hier in unregelmäßigen Abständen den Akademiekurs
„Österreich verstehen – aber wie?“.

Den Studierenden möchte ich – völlig unösterreichisch – in aller Klarheit mitteilen, dass über die Verteilung der Anzahl der ECTS noch nicht entschieden ist.

Dennoch möchte ich das Ziel nicht aus den Augen verlieren!
Am Anfang steht ein schlichtes Bachelor-Studium, später sollen ein Master-Studium und, für wissenschaftlich Interessierte, ein PhD-Abschluss, im Volk als Puh-Ätsch bekannt, folgen.

Das Lehrmaterial steht selbstverständlich online zur Verfügung, ich verweise auf den Einführungsvortrag auf YouTube, der als Initialkurs (Kick-off) gedacht ist.

 

Definition

Was ist unser Forschungsgegenstand?

An sich Österreich, wobei wir hier bereits auf den ersten Widerspruch stoßen:
Österreich gibt es eigentlich nicht!

Das macht gleichzeitig den Reiz unseres Forschungsobjekts aus, denn wie können wir etwas erforschen, das es nicht gibt?

Oder wenn, dann irgendwie – krank.
Schließlich meinte ein prominenter Vertreter der FPÖ vor einigen Jahre, Österreich sei „eine Missgeburt“. Die heute nationale Partei FPÖ hört das nicht gerne, sie findet die Missgeburt mittlerweile wunderbar und bezeichnet sich als „soziale Heimatpartei“.

Solcher Widerspruch deutet auf ein interessantes Phänomen dieses Landes hin:
Es kennt sich selbst nicht so genau.

Kein Wunder, einer Anekdote zufolge war Österreich nach dem 1. Weltkrieg der Rest, also das, „was übrigbleibt“.
(Georges Clemenceau konstatierte: „L’Autriche, c’est ce qui reste“.)

Darunter leiden seine Bewohnerinnen und Bewohner unbewusst noch heute, das Thema ist für eine Seminararbeit wie geschaffen!

 

Familienunternehmen Österreich

In Wirklichkeit war das Land in den Alpen mit dem östlichen Anhang in der pannonischen Tiefebene lange Zeit die Filiale eines Familienunternehmens namens „Habsburger“, also ähnlich strukturiert wie Hofer/Aldi oder Lidl in Deutschland, Facebook oder Microsoft weltweit.

Dieses streng patriarchalisch geführte Unternehmen wurde in der Schweiz gegründet und dehnte sich als einer der ersten multinationalen Konzerne über ganz Europa aus.
Die Strategie lautete: Tu felix Austria, nube.
Also du, glückliches Austria, heirate.

Zumindest wird das im Geschichtsunterricht so gelehrt, um den immer wieder verlorenen Kriegen ein pazifistisches Mäntelchen zu geben.
Diese Meinung entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte – moderne Menschen sagen dazu „Narrativ“ – sondergleichen!

Noch heute wird in dem Staat Österreich, der mittlerweile sich selbst zur Nation erhoben hat, der „gute, alte Kaiser Franz Joseph“ glorifiziert.

Auch seine Vorfahrin Maria-Theresia gilt als Identifikationsobjekt, nicht wegen ihrer vielen Kinder (14 überlebten die Geburt), eher schon wegen ihrer Leibesfülle.
Maria-Theresia war sprachlich übrigens ein Globalisierungsfan, sie sprach kaum Deutsch, aber tolles Französisch. Im Sinne der heutigen Nationaldümmler war sie eine Ausländerin.

Ihr Sohn Joseph, der Zweite, hat geringeres Ansehen in der Bevölkerung, so sie ihn überhaupt kennt.

Maria-Theresia war von ihrer Grundstimmung, wie die meisten Habsburger, eine Verfechterin von Recht und Ordnung, vor allem, was sexuelle Bedürfnisse anlangte.

Sie gründete die Keuschheitskommission, drohte Ehebrechern und Homosexuellen mit der Todesstrafe und ließ im Wiener Prater den Buschbestand ausdünnen, damit ledige Liebespaare bei ihrem unkeuschen Treiben schneller gefasst werden konnten.

 

Quäl mich!

Flehte der Masochist den Sadisten an.
Nein, antwortete der – und lächelte grausam.

So ähnlich fühlen sich die Eingeborenen des Landes. Ständig schwanken sie zwischen Opfer- und Täterhaltung, je nach Zeitalter. Bisweilen sind sie sogar menschlich zu ihren Nächsten!

In einer Art historischem Masochismus identifizieren sich Einwohnerinnen und Einwohner des seltsamen Landes lieber mit der strengen Maria-Theresia als mit ihrem Sohn, dem menschenfreundlichen Joseph.

Der schaffte die Folter ab, gründete das Allgemeine Krankenhaus und tat sich als Humanist von oben (top-down) hervor. Dass er irgendwann auf die Idee kam, Begräbnisse zu vereinheitlichen, ging dem Volk aber zu weit.
Einwegsarg statt Pomp und Prunk? Das war zu viel des Guten!
Das Volk protestierte so lange, bis der Kaiser einlenkte.

Oder liegt die weitgehende Negierung seiner Regierungszeit daran, dass er angeblich in hohem Bogen durch ein Lokal im Rotlichtmilieu des Spittelbergs geflogen kam?

Andererseits war das Land in den Bergen berüchtigt für seine Ausschweifungen. Sex, Essen und Trinken gelten auch heute als des Eingeborenen liebste Beschäftigung.

Entstanden aus diesen Widersprüchen erst die revolutionären Arbeiten von Sigmund Freud?
Ist dessen Erkenntnis des Todes- und Sexualtriebs nur möglich, weil er seine Mitmenschen so genau beobachtet?

Sex erregt!

Sex erregt Tirol

 

 

 

 

 

 

Ein weiteres interessantes Thema für eine Seminararbeit!
Hier noch eine pädagogisch-didaktische Zusammenfassung des Textes.

 

Fachkompetenz von Teil 1

  • Ich verstehe, warum Österreicherinnen und Österreicher nach außen friedfertig sind.
  • Ich verstehe, warum Österreicherinnen und Österreicher lieber einen gemütlichen Anführer (notfalls auch Anführerin) haben wollen als eine/n, die/der ihnen sozial hilft.
  • Ich verstehe, warum ich die Österreicherinnen und Österreicher (noch) nicht verstehe.

Ich hoffe, Sie haben alles verstanden.
Wenn nicht: Das ist kein Wunder, wir sind erst in der Einführungsphase.

Eine wunderschöne Woche wünscht allen
Erich Ledersberger