Vor fünf Jahren habe ich einen Text geschrieben, der wunderbar auf die heutige Zeit passt. Ergänzt werden muss er bloß um die Tatsache, dass wir in Zeiten einer Pandemie leben.
Und nun viele Menschen gezwungenermaßen so handeln müssen.
Katerstimmung
Die Tage nach Festen machen mich immer nachdenklich: War es richtig, wie ich gehandelt habe? Habe ich genug konsumiert? Hätte ich es besser machen sollen?
Und dann erst nach Weihnachten! Haben wir die Welt gerettet, indem wir uns nichts schenkten? Also im positiven Sinn gemeint! Meine #ALF (= Aller Liebste Frau) und ich haben uns nicht gestritten. Und uns nichts geschenkt. Wir waren einfach nett zueinander. Das waren wunderbar ruhige und stille Tage!
Einerseits haben wir damit ökologisch korrekt gehandelt, denn die Welt wurde 2021 bereits im Juli, wenn ich mich richtig erinnere, aufgebraucht. Da war „Welterschöpfungstag“, also jener Tag, an dem wir so viel verbraucht haben, wie die Erde in einem Jahr wiederherstellen kann. Seither leben wir von dem, was künftige Generationen gerne einst gehabt haben werden.
„Wir“ meint nicht jene Länder, aus denen Menschen flüchten oder dort verhungern. Mit „Wir“ sind vor allem die Industrieländer gemeint, die verbrauchen, was das Zeug hält.
Wenn China und Indien demnächst unseren Lebensstandard erreichen, können wir nach meiner Schätzung bis etwa 2086 so weitermachen. Dann ist alles aufgebraucht, was unser schöner Planet so hergibt und endgültig Schluss mit lustig. Zu diesem Zeitpunkt ist meine Tochter so alt wie Jupi Heesters, als er gestorben ist und ich bin ein Häuflein Knochen.
So weit, so gut. Subjektiv gesehen kann es mir wurscht sein, ob die Krönung der Schöpfung die Erde 2016 bis zum August verbraucht hat oder zufällig mal bis September gekommen ist. Aber was machen meine Enkel?
Und deshalb haben wir uns zu Weihnachten nichts geschenkt!
Advent, Advent, kein Lichtlein brennt
Schenken ist in unseren Breiten generell ein Problem, weil die meisten eh schon alles haben. Und die anderen sieht man bekanntlich nicht, weil sie im Schatten sind, wie schon Bert Brecht wusste.
Der hierzulande größere Rest sucht auf Facebook verzweifelt Tipps, was sie und er denn den Liebsten schenken könnte und rennt dann verzweifelt durch die Gegend, um zu finden, was niemand braucht.
So gesehen war unser Entschluss, einander nichts zu schenken, eine gute Idee.
Allerdings frage ich mich, welche Folgen das hat.
Man denke nur an das Wirtschaftswachstum!
Jetzt, wo wir dank der Steuersenkung endlich mehr unsinnige Dinge konsumieren könnten, lassen meine #ALF und ich aus!
Fördern wir damit nicht die Arbeitslosigkeit in der Industrie? Andererseits beschäftigt die doch überwiegend Roboter. Und ein paar Manager, aber die sind auf dem Arbeitsmarkt ohnehin nicht vermittelbar, weil sie zu viel verdienen.
In Gasthäuser und Restaurants, wo derzeit noch echte Menschen arbeiten, gehen wir in diesen Zeiten nicht, ich reproduziere stattdessen immer neue Rezepte am heimatlichen Herd. Neuerdings vor allem vegetarische, was wieder ein neues Bauernsterben verursacht, weil die – ja natürlich! – vor allem Tiere züchten.
Was ist richtig?
Konsumieren?
Sich verweigern?
Viele Fragen. Keine Antworten.
Manchmal treiben sie mich nahezu in den Wahnsinn – dann trinke ich ein paar Fläschchen Wein und alles wird gut.
Vielleicht ist das die richtige Antwort: Wenn der Rest der Welt untergeht, die österreichischen Weinbauern werden überleben.
Denn niemals greife ich zu Weinen aus dem fernen Ausland!
Auf ein gutes Jahr 2022!
Aber bitte ohne Wirtschaftserholung etwa bei Reisen und Flügen!
Und ohne tägliche Partys, die bloß dazu dienen, dass besoffene Menschen vergessen, wo ihr Lebenssinn sein könnte.
Schöne Tage
euer/Ihr
Erich Ledersberger