Denken mit dem Bauch

Neben der in einer vorigen Kolumne erwähnten „Dränglerkrankheit“, wissenschaftlich morbus urgens austriacus genannt, existiert als weitere österreichische Volkskrankheit die Besserwisserei, auch als morbus caelum vituperant bekannt.
Einige Expertinnen halten sie für eine Unterkategorie der Superbia austriaca
(= Arroganz der österreichischen Art), aber darüber ist die Wissenschaft noch uneins.

Schluss mit Expertenhörigkeit!

Der Kanzlerunser #Nehammer hat mit dieser Aussage die hierzulande ohnehin vorhandene fundierte Wissenschaftskritik weiter befeuert. Hierzulande ist der Hausverstand eine stabile Größe und überragt die lächerlichen Zahlenkolonnen von irgendwelchen G‘studierten um Längen bzw. Höhen.

Wissenschaft ist für 53% der Bevölkerung uninteressant, nur in Bulgarien und Griechenland hält man noch weniger von diesem Teufelszeug. Kein Wunder, sind doch nach geltender Meinung Wissenschafter alles, nur nicht ehrlich.

Hierzulande verlässt man sich auf das „Bauchgefühl“.
Und das sagt uns: Impfungen sind eine Verschwörung von Pharmaindustrie, Microsoft und anderen Konzernen.
Jeder Österreicher kennt mindestens einen Onkel, dessen Nichte einen Neffen hat, dessen Tochter mit einem Mann verheiratet ist, dessen Mutter an einer Impfung verstorben ist. Womit der Beweis erbracht ist, dass Impfungen mit dem Tod enden. (Auch das Leben insgesamt, aber davon soll hier vorläufig nicht die Rede sein.)

Jedenfalls: Der Österreicher hat immer Recht. Da kann irgendein hergelaufenes Institut einen Nobelpreis, was immer das ist, an einen österreichischen Forscher vergeben, wurscht: Die haben keine Ahnung, der Österreicher verlässt sich auf sein Bauchgefühl.

Auch bei der Wahl seiner Zeitung!
In Trafiken und sogar manchen Supermarkten gibt es Zeitungen, die etwas kosten.
Geld ausgeben für etwas, das er ohnehin gratis bekommt?
Nicht mit mir, sagt der Besserwisser aus Österreich und holt sich seine Gratiszeitung am U-Bahn-Ausstieg. Ob Heute oder Österreich, ob Krone oder Kurier: Hier gibt es alles gratis, Neuigkeiten und Rezepte und vieles mehr.

Finanziert von Konzernen?
Oder von der Regierung?
Egal, Hauptsache gratis und gut recherchiert.
Sonst gäbe es diese Qualitätszeitungen ja nicht.

Einen schönen Frühling, leider ohne die älteste Tageszeitung der Welt, die
#Wiener Zeitung.
Die haben #ÖVP und #Grüne (!) in aller Stille begraben.
Das ist übrigens ein weiterer Punkt, der mich dazu bewegt, in Zukunft nicht mehr #dieGrünen zu wählen.
Ihr/euer
Erich Ledersberger