Archiv des Autors: Erich Ledersberger

Ich Wirtschaftsschädling

Liebe Freundys, ich begrüße euch im Neuen Jahr 2024! Ich hoffe, ihr habt viele gute Vorsätze, die spätestens nächste Woche gecancelt worden sein werden. Das gehört zum neuen Jahr wie die Pusteln zu Blattern.
Ich hingegen habe keine Vorsätze, sondern überlege derzeit, ob ich weiter als Gesellschaftsschädling agieren oder ein braver Bürger werden soll.

 

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Früher war alles besser!

Früher war alles besser

Früher war alles besser

Naja, alles ist vielleicht ein bisserl übertrieben. Aber das meiste schon. Oder?

Damals, als die Ehemänner noch bestimmten, ob ihre Frauen arbeiten durften. Mann die eigenen Kinder nach Herzenslust verprügeln konnte. Abtreibung verboten war und wir im Zug noch nach Herzenslust rauchten.

 

 

In den besseren Zeiten

Ich wuchs in diesen besseren Zeiten auf, in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, in der Zeit des Aufbaus. Mein Vater arbeitete bei der ÖBB, den Österreichischen Bundesbahnen. Er hatte nach dem Krieg die Abendmatura an der HTL gemacht und war aus ganzem Herzen Sozialdemokrat und Arbeiter. Techniker auch, aber der Titel ‚Arbeiter‘ war ihm lieber. Mit Hilfe der Demokratie zum Sozialismus. Die Mehrheit würde einsehen, dass Gemeinwohl wichtiger war als Egoismus. Er war zeit seines Lebens Optimist.

Sein Bruder war bereits vor dem 2. Weltkrieg realistischer als er gewesen und trat in den 1930er Jahren dem Schutzbund bei, dem militärischen Arm der SPÖ, wie man das heute bezeichnen würde. Folgerichtig landete er 1934 im ersten KZ Österreichs, in Wöllersdorf. Man nannte es freundlich ‚Anhaltelager‘. Der bekannteste Häftling war wohl Otto Glöckel gewesen, Schulreformer und Vertreter einer gemeinsamen Schule für alle Kinder, auch heute noch ein Schreckgespenst für ÖVP und FPÖ.

Damals wurde die Demokratie durch die Christlich-Sozialen, heute ÖVP, zu Grabe getragen. Der Austrofaschismus ersetzte die Demokratie. Im ‚Roten Wien‘ gab es von nun an keine Windeln für Neugeborene mehr, sie wurden wieder auf Zeitungspapier gelegt, wie in früheren, noch ‚besseren‘ Zeiten.

Diese ‚bessere Zeit‘ ging an mir vorüber.

Ich wurde in den Zeiten des ‚Aufbaus‘ groß, als mein Vater, wie viele andere Väter, so viel verdiente, dass wir zwar nicht wohlhabend wurden, aber gut leben konnten.

Wir hatten ein Auto und einen Fernseher und fuhren an manchen Wochenenden hinaus ins Grüne. Wir wohnten in einer Betriebswohnung der ÖBB, mit Gasheizung, was mir endlich den Weg in den Keller, wo im alten Haus der Koks lagerte, ersparte.

Wir konnten uns sogar manchmal ein Sonntagsessen im Gasthaus in Kirchberg am Wechsel leisten. Im Schatten eines riesigen Kastanienbaums aß ich meine Lieblingsspeise: Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat.

Das Schnitzel hatte damals noch Flachsen und war mal besser, mal schlechter, nicht immer gleich. Wie schaffen die das heute bloß, dass jedes Fleisch frei von Flachsen ist?
Keine Ahnung.

Mein Vater konnte jedenfalls die Familie mit seinem, also EINEM Einkommen ernähren. Sogar auf Urlaub konnten wir fahren! Weit weg, bis nach Caorle, dem 24. Bezirk von Wien.
Knapp vor meiner Matura wurde seine Arbeitszeit verkürzt, er hatte nun Samstag frei. Ich nicht. Schule fand nach wie vor sechs Tage die Woche statt.

In unseren neuen Zeiten ist das unmöglich. Heute verschlingen Miete und Kinderbetreuungskosten  das Einkommen eines Familienmitglieds. Also muss der zweite Teil ebenfalls eine bezahlte Arbeit annehmen.
Mit anderen Worten: Heute benötigt es 80 Wochenstunden bezahlter Arbeit, um über die Runden zu kommen. Meine Eltern kamen noch mit 40 Wochenstunden aus.
Allerdings konnten sie nicht in Thailand oder auf den kanarischen Inseln Urlaub machen. Da sind wir heute besser dran.
Oder?

Andererseits  zerstören wir mit unseren Reisen die Welt und töten Menschen in der 3. Welt, die praktisch keinen Anteil an der Klimazerstörung haben.
Also war früher tatsächlich alles besser? Makroökonomisch gesehen jedenfalls.
Und sonst? Urteilen Sie selbst.

Schöne Weihnachten mit vielen Einkäufen, damit die Wirtschaft wächst
Ihr/euer
Erich Ledersberger

Für dieWeihnachtslektüre zu spät, aber Bücher können jederzeit gelesen werden:
https://www.wagnersche.at/list?cat=&quick=erich+Ledersberger&button-suche=

 

 

Ich bin ein Spekulant, Madame!

Alte Menschen wie ich erinnern sich vielleicht an Peter Zadek, dessen erster Film ‚Ich bin ein Elefant, Madame lautete. Das ist keine Reprise darauf, bloß eine sachliche Erörterung zum Thema Kleingarten.

Die Aufregung mancher Medien über Umwidmung von Kleingärten bedarf einer sachlichen Ergänzung.

 

Der Kleingartenspekulant

Die herrschenden Medien, also die Medien der Herrschenden, gefallen sich derzeit darin, die Sozialdemokratie als besonders verdorbenen Haufen von Spekulanten hinzustellen. Allerdings können nicht nur ein Bezirksvorsteher und mehrere Genossinnen und Genossen sich über Gewinne freuen, sondern tausende Schrebergärtner: Geld verdienen ohne zu arbeiten! Das entspricht doch der Mentalität des Wirtschaftssystems. An vorderster Front – das ist allerdings mehr als beschämend  – sozialdemokratische (?) Politiker und Politikerinnen.

Aber was ist daran neu? Seit Jahrzehnten geschieht Ähnliches permanent auf Gemeindeebene. Die Umwidmung von Landwirtschafts– in Bauland gehört zu den beliebtesten Geschäftigkeiten der Kommunalpolitik.

Wenn ein Bauer zu viel Geld im Casino verloren hat, verkauft er ein Stück seines Landes, erzählt man sich in ländlichen Idyllen. Das gilt selbstverständlich nur für Großbauern, die kleinen haben zu wenig Land für solche Spekulationen. Aber dort funktioniert das Spiel seit Generationen. Und jetzt will das Kleingärtnertum das gleiche Spiel spielen? Geht gar nicht, sagen die Medien.

Ja, der Vorgang ist widerlich. Aber er entspricht ganz dem Wesen der Wirtschaftsordnung, ausgeübt vorwiegend von ÖVP-Bürgermeistern.

Neurosental

Der Name ist Realität, es fehlt nur der Bindestrich zwischen Neu und Rosen. Mir gefiel das Fehlen des Bindestrichs. Als ich einmal sagte, dass ich ‚Neurosental‘ als Name eines Schrebergartenvereins lustig fand, sah mich der Vizeobmann erstaunt an. Was ich damit meinte, fragte er. Ich schwieg vornehm.

Nach vielen Schwierigkeiten erwarb ich dennoch einen Kleingarten im Neu-Rosental. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Hürden es gab, bis ich endlich stolzer Besitzer eines Gärtchens gegenüber von Steinhoff war. Die Vorbesitzerin, eine alte Dame, der der steile Garten zu viel geworden war, wollte ihn mir gerne geben. Aber da war noch der Verein samt seinem Vorsitzenden. Und etlichen Beisitzenden. Es folgten Verhöre durch den Vereinsvorstand, aber irgendwann hatte ich es geschafft.

Möglichweise fiel es dem Bezirksvorsteher des 22. Bezirks nicht so schwer, einen kleinen Garten zu erwerben. Ich weiß es nicht.

Ich als Obmann

Mein Garten lag in einem Steilhang, die Ruhe war sensationell und das kleine Schutzhaus ein wunderbarer Ort zum Verweilen. Die lärmende Großstadt lag irgendwo hinter den sieben Bergen, weit weg, etwa acht Kilometer bis zum Stephansdom. Ich setzte Salate, entfernte Nacktschnecken und schrieb im Dachgeschoss an meinem Buch. Das Haus hatte 35m² und mehr brauchte ich nicht zum Leben.

Irgendwann, man stelle sich vor, wurde ich sogar Obmann des Vereins.

Das Leben als Obmann eines Vereins ist prinzipiell nicht lustig. Es ähnelt dem Leben eines Personalvertreters für Lehrer – das war ich auch mal. Ich wurde mit Problemen konfrontiert, die sich jeder, zumindest meiner Phantasie entzogen. Mit anderen Worten: Kannste vergessen, wie die Berliner sagen.

Als mein Garten von einem Hangrutsch – ja, sowas gibt es auch im Wienerwald – verwüstet wurde, gab ich auf. Dabei hätte ich nach einer Umwidmung Tausende Euro gewinnen können! Das war mir klar. Die Umwidmung von Pachtgründen in Eigentumsgründe lag nämlich in der Luft. 1993 hatte der Wiener Gemeinderat beschlossen, dass die Pachtgründe auf Antrag des Gartenvereins in Eigentum umgewandelt werden können. Eine äußerst dumme Entscheidung, aber ganz im Sinn neoliberaler Politik, die auf Egoismus statt auf Gemeinwohl setzt. Plötzlich konnten die Pächter Eigentümer eines kleinen Gartens werden, der nun (damals noch in Schilling) Millionen wert war.

Jede Menge Kleingärten wurden umgewidmet, ihre Besitzerinnen und Besitzer von Pächterinnen und Pächtern zu Eigentümerinnen und Eigentümer. So nebenbei wurden damit auch illegale Schwarzbauten legalisiert, nicht wenig Kleingärtner hatten zu groß gebaut.

Es erging ihnen ein bisschen wie den oben erwähnten Bauern am Land, deren Grünland mit Hilfe des Bürgermeisters (er ist kurioserweise als letzte Bauinstanz dafür zuständig) in Baugrund umgewandelt wurde.

Klarerweise ergab das in Wien einen Wechsel in der Eigentümerstruktur in den Kleingärten. Statt Arbeitern, die sich über ein bisschen Grün freuen konnten, zogen gut betuchte Menschen ein, die keinen Salat anbauten, sondern einen Swimming-Pool in die Gegend knallten.

Ich empfand und empfinde diese Umwidmungen als Skandal. Nicht nur in Wien, sondern ebenso in den ländlichen Gebieten. Über Letztere schweigt die Presse der Herrschenden großzügig, außer der Skandal wird so groß wie in Grafenwörth.

Dort hatte der ÖVP-Bürgermeister Rapsfelder in eine Häuserwüste umgewandelt. Und dabei ein bisschen was verdient. Er hatte einige Jahre vorher Gründe um 60.000 Euro gekauft und nach der Umwidmung in Bauland um 1.000.000 Euro verkauft.

Im Endeffekt sind das Bereicherungen einzelner auf Kosten der Gemeinschaft, widerliche Geschäfte, die dem ÖVP-Gewäsch von den ‚Leistungsträgern‘ Hohn sprechen.

Es wird Zeit, an diesen Zuständen etwas zu ändern. Schafft Babler das? Ein gewisser Bernie Sanders unterstützt ihn im Geiste sicher.
Sein neues Buch: ‚Es ist okay, wütend auf den Kapitalismus zu sein‘

Pardon, dass ich schon wieder etwas über Politik geschrieben habe. Immerhin habe ich die Grinsekatze außen vor gelassen und sämtliche Kriege auch. Da kennen sich so viele so gut aus, dass ich besser schweige.

Ein paar schöne Tage wünscht allen
Ihr/euer
Erich Ledersberger

Die Welt verändern – aber wie?

In meiner Jugend erfüllte mich ein Wunsch: Die Welt verändern, so, wie Jesus das wollte. Ich war gläubig, zumindest, was die christliche Botschaft der Nächstenliebe anlangte, dieses ‚Liebt die Menschen, wie ihr euch selbst liebt‘.

Das war später auch die Botschaft des Kommunismus‘. Beide Religionen scheiterten.

 

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