Eine der wundersamsten Unterhaltungen, die ich bisher auf Facebook erlebt habe, kam folgendermaßen zustande: Susanne Scholl, auch nicht mehr die Jüngste, stellte ein Poster auf ihre Pinnwand. Es handelt sich um ein gelbes Warnschild mit dem Text:
„VORSICHT!!! Ständig verschwinden Senioren im Internet, da sie die Tasten ALT und ENTFERNEN gleichzeitig drücken. Bitte die älteren Menschen darauf hinweisen. Unterstützen Sie die Initiative SICHERES SURFEN FÜR SENIOREN!“
Ich habe herzlich gelacht, aber das war moralisch falsch. Denn es folgten eine Reihe empörter Hinweise, dass man bzw. frau „als Seniorin entsetzt“ sei, als „verblödet“ dargestellt werde und überhaupt sei das „nicht lustig“. Einige waren anderer Meinung und so ging ich unentschlossen ins Freie, um eine Zigarette zu rauchen. Lachen oder nicht lachen, das war jetzt die Frage.
Glücklicherweise fand ich danach auf einer anderen Facebook-Seite dasselbe Poster – und auch dort herrschte bei einigen Postings das nackte Entsetzen! Ein männlicher Teilnehmer hatte die Diskussion eingeleitet und gleich auf die rassistische Brisanz des Witzes hingewiesen. „Es gibt Leute, die die Senioren durch andere Wörter, Rassen etc. ersetzen.“
Mein Restschmunzeln erstarrte. Scham überkam mich. Was ist bloß los mit mir, wenn ich über solche faschistoiden Witze lachen kann? Steckt ein Sexist, gar ein Rassist in mir, den ich noch nicht kenne?
Trost spendete mir erst die Nachricht eines anderen Teilnehmers. Er stellte die These auf, dass nur Betroffene Witze über sich machen dürfen. Also Juden dürfen seiner Meinung nach Witze über Juden machen und Frauen dürfen Blondinenwitze erzählen. Obwohl, dürfen auch brünette Frauen Blondinenwitze machen?
Und was mache ich in so einem Fall? Als rothaariger Mann? Darf ich mitlachen? Natürlich nicht! Ich muss mit ernstem Gesicht daneben sitzen, selbst wenn das unhöflich aussieht. Aber es ist moralisch richtig!
Da ich selbst zur Seniorengruppe gehöre – ich habe neulich sogar die Zeitschrift „UG für Seniorinnen und Senioren“ zugeschickt bekommen, sie allerdings noch nicht abonniert – , darf ich über dieses Warnschild lachen? Immerhihn wurde es von einer Frau auf Facebook gestellt! Und ich bin ein Mann.
Wir müssen diese Forderung ernst nehmen: Niemand darf über eine Gruppe, der er nicht selbst angehört, Witze machen. Konsequenterweise gehöre ich einer Gruppe an, die letztlich nur aus mir selbst besteht. Ich bin nämlich, wie jeder Mensch, individuell. Mich gibt es kein zweites Mal. Ein älterer Mann mit vielen Berufen, vom Hausmann über den Zettelverteiler bis hin zum Lehrer und Schriftsteller. Außerdem Atheist mit katholischem Hintergrund und ehemaliger Sozialist – bis zur Umbennung zum Sozialdemokraten schaffte ich es nicht, da war ich schon aus der ehemals Sozialistischen Partei Österreichs ausgetreten.
Was also tun? Ich habe beschlossen, nur mehr Witze über mich zu machen. Weil die anderen Menschen anderen Individualgruppen angehören, dürfen sie über diese nicht lachen. Weil das wiederum extrem unbefriedigend ist, mache ich keine Witze mehr. Und wenn, dann gehe ich in den Keller. Dort erzähle ich mir meine besten und geschmacklosesten Witze über mich und lache mich halb kaputt.
Ist nicht wirklich unterhaltsam, aber politisch korrekt!
Tja, „politische Korrektheit“ kann gegen „abweichende“ Meinungen gnadenlos angewendet werden.
Andernfalls müsste sachlich argumentiert werden. Eine Zumutung!
Seit ich Rassist genannt wurde, weil ich einen vor Regen tropfenden Mitmenschen sibirischer Herkunft als nassen Russen titulierte – natürlich nicht von dem nassen Russen sondern von dem politisch korrekten Grünen, der es mitbekam – wähle ich meine Witze nicht mehr aus. Gleichberechtigung für Minderheiten, Humor ist wenn man einstecken kann, oder wie war das?
Super – besser könnte man es gar nicht beschreiben, die politische Korrektheit.
mensch, alter, das is würklich witzig, aber wir sollten uns um diese Kategorien wie polit. Korrektheit nix scheißen. aber 60 geht alles. die paar Jahr?
gruß e