Die Lügenpresse existiert!

Kriminalität steigt schon wieder!

Horror! Schon wieder Anschlag in Wien!

Entsetzen und Verwunderung bei den Medienmachern sind groß: Viele kleine Menschen von der Straße bezeichnen die Medien als Lügenpresse! Zu Unrecht?

Oder haben sie gar die Wahrheit auf ihrer Seite? Allerdings irgendwie anders, als gedacht?

 

 

 

Österreich – ein Horror!

Ob damit die Republik gemeint ist oder doch eher die gleichnamige Zeitung, können die Leserinnen und Leser dieser Gratis-Zeitung selbst entscheiden. Allerdings müssen sie sich vorher die Mühe machen, sogenannte „Artikel“ zu überprüfen.

Etwa jene, die ständig die Behauptung wiederholen, Österreich sei wahnsinnig gefährlich. Kaum aus der Haustür draußen, schon vergewaltigen böse Männer – selbstverständlich Ausländer – „unsere Frauen“ oder schlagen harmlose Spaziergänger tot.

Kernige Sätze wie „Gewalt explodiert“, „Sex-Attacke am Praterstern“, „Banden-Kriege außer Kontrolle“ oder „Bürger leben in Angst und Schrecken“ dominieren das Blatt, dessen Website sein Chef aus dem Hause Fellner für „die spannendste URL des Landes“ hält.

Laut Statistik des Bundeskriminalamtes – eine andere haben auch die „Journalisten“ von Österreich nicht zur Verfügung – ist die Kriminalität von 2006 bis 2015 gesunken.

Schön für die hiesigen Menschen, aber anscheinend nicht verkaufsfördernd.

 

Flüchtlinge werfen sich vor Autos!

In Kärnten ist es anscheinend für Inländer weniger gefährlich, allerdings gehen dort Flüchtlinge gezielt gegen Autos vor. Und „hoffen nach dem Crash auf Schmerzensgeld“.

Einfach brutal, diese Ausländer!

Die Redakteure der Website www.kobuk.at wollten es genau wissen und fragten nach. Die Polizei wusste von genau einem Vorfall, bei dem ein Asylwerber in ein Auto lief und dem Bezirksgericht ist genau kein Fall bekannt, in dem Schmerzensgeld verlangt wurde.

So gesehen bekommt der Begriff „Lügenpresse“ eine gewisse Berechtigung. Ich fürchte allerdings, Rechtspopolisten wie Trump, Le Pen oder Strache meinen andere Medien. Jene, die Furcht und Schrecken in der sichersten aller Welten verbreiten wollen, sind ihnen sicher sehr sympathisch.

 

Konstantinische Schenkung

Fälschen und lügen ist ein altes Geschäft. Schon Klöster betrieben es, siehe die „Konstantinische Schenkung“, um das Jahr 800 verfasst, in der dem Papst angeblich die gesamte Westhälfte des Römischen Reichs geschenkt wurde.

Das geschah ein paar Jahrhunderte vorher, so um 315 n. Chr. Der gute König Konstantin überließ dem Papst Silvester I. die westliche Welt und zwar, der Mann war nicht kleinlich, gleich bis in alle Ewigkeit (usque in finem saeculi).

Die Fälschung wurde im 15. Jahrhundert anerkannt, es dauerte aber noch ein paar Jahrhunderte, bis die katholische Kirche dieses „Eigentum“ der Welt zurückgab.

 

Privilegium Maius

Auch der Habsburger Rudolf IV. – damals noch ein einfacher Herzog – ließ 1358 emsig Dokumente fälschen, damit sein Geschlecht an Würde und Ansehen gewinnt, etwa das „Privilegium Maius“. Darin wird unter anderem behauptet, die Habsburger hätten Anspruch auf den Titel „Pfalzerzherzog“, was sie mit den Kurfürsten gleichgestellt hätte. Schon der bereits damals lange verblichene römische Kaiser (37 bis 68 n. Chr.) Nero habe das indirekt bestätigt.

Petrarca, der im Auftrag des damaligen Kaisers die Dokumente überprüfte, befand allerdings, dass der Verfasser entweder ein Schelm oder ein schreiender Esel sein muss.

 

Neue Lügen

Es hat sich nicht sehr viel verändert, bloß die Technik ist eine andere geworden. Mit Hilfe der unsozialen Medien werden Gerüchte, Verschwörungstheorien und simple Lügen über neue Wege verbreitet.

Kann gegen Zeitungen noch juristisch vorgegangen werden, ist das im Internet kaum möglich. Facebook, Twitter und Co. behaupten von sich, mit Medien nichts zu tun zu haben, sondern bloß eine Plattform zur Verfügung zu stellen. Und die Versender diverser Lügen können nur schwer ermittelt werden.

Glücklicherweise gibt es andere Plattformen, die Manipulationen und Lügen aufdecken.

Etwa das Gerücht in Tirol, die Caritas bezahle die Handys von Flüchtlingen:
https://www.meinbezirk.at/innsbruck/lokales/caritas-wehrt-sich-gegen-ueble-nachrede-d1609360.html

Etwa das Gerücht, in Bludenz seien Frauen von Flüchtlingen sexuell belästigt worden:
http://www.austria.com/sexuelle-belaestigungen-in-bludenz-im-faktencheck/4600017

Etwa das Gerücht, Muslime hätten in Bremen einen Weihnachtsbaum geplündert:
http://www.heute.at/digital/multimedia/Hetzvideo-Fluechtlinge-pluendern-Christbaum-im-Donauzentrum;art73472,1377721

Eine dieser Plattformen, die den Wahrheitsgehalt von Gerüchten im Internet aufdecken, nennt sich „Hoaxmap“. Sie ist hier zu finden: http://hoaxmap.org/

Und auch wenn das heute keine erfreulichen oder humorvollen Nachrichten waren – ich wünsche, wie #sonntagsimmer, einen guten Tag und eine schöne Woche!

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