Liebe Feministinnen, liebe Feministen!

Liebe Feministinnen und Feministen!

Breakout gefällig?

Am 8. März haben meine #ALF und ich für einen Tag die Rollen getauscht: Sie hat mir den Café ans Bett gebracht und für mich ein wunderbares Abendessen gekocht.

Und ich habe mich frühmorgens aus dem Haus begeben und bin zum Seminar „Personal Branding“ gefahren.

 

 

Individualisierung

Dipl. Kffr. (Diplomkauffrau) Müller von der Diversity-Abteilung schien etwas überrascht von meinem Besuch, aber ich konnte ihr mit einfachen Worten vermitteln, dass meine #ALF (= AllerLiebsteFrau) und ich bereits seit Jahrzehnten unsere Geschlechter als soziale und nicht als sexuelle definieren.

Bereits vor unserer Beziehung war ich einige Jahre hauptberuflich Hausmann und später Alleinerzieher, woraus sich geringere Pensionsansprüche für mich ableiten. Später arbeitete ich als Teilzeitlehrer, um für meine #ALT (= AllerLiebsteTochter) etwas mehr Zeit zu haben. Auch das diente nicht der Erhöhung meines Einkommens, aber ich fand es schöner, mehr Zeit für das Leben zu haben, statt für eine Karriere.

Und weil heute doch der Tag der (sozialen) Frau sei und wir unsere Rollen getauscht haben, deshalb sei ich hier.

 

Keynote

Die Augen meiner Gesprächspartnerin waren erst immer größer geworden, aber im Laufe meiner Argumentation bemerkte ich darin ein emotionales Verständnis für meine Lage.

Sie glaube nicht, dass ich den Verzicht auf Karriere und Vollzeitarbeit freiwillig begangen habe, sie halte den äußeren Druck der Gesellschaft für maßgeblich, die Frauen an beruflicher Karriere hinderten. An dieser Stelle stockte sie. Vermutlich verwirrte sie mein Bart, den ich mir aus Zeitmangel wachsen habe lassen.

Nein, entgegnete ich, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Die Gesellschaft könne mich moscherln (= wienerisch für: kann mich gernhaben). Ich will bloß arbeiten, um zu leben, nicht umgekehrt.

Welchen Vortrag könne sie mir dazu empfehlen?

Sie suchte verzweifelt in ihrem Programm. Man biete zwar eine große Diversity, also Vielfalt, aber irgendwie passe mein Wunsch nach sinnvollem Leben weder zur Keynote-Speakerin (= Rednerin des Einleitungsvortrages) noch zu den einzelnen Breakouts (= Ausbrüchen).

Am ehesten wäre für mich wohl der Arbeitskreis Personal Branding (= die Frau als eigene Marke, in meinem Fall ginge auch der Mann als Marke durch) geeignet. Dort könnte ich jedenfalls erfahren, was mein USP (= Unique Selling Point, Alleinstellungsmerkmal, ursprünglich einer Ware) ist.

Vielleicht könnte ich dort sogar den Unterschied zwischen sozialen und – sie hüstelte – sexuellen Rollen zur Sprache bringen.

 

Breakout

In diesem Moment wurde mir klar, dass ich den Tag der sozialen Rolle „Frau“ missverstanden hatte. Es ging gar nicht um Gleichberechtigung im Sinne etwa neuer gesellschaftlicher Aufgaben, es ging bloß um die Umstrukturierung alter Machtverhältnisse!

Ich machte einen Breakout, soll heißen: Ich flüchtete Hals über Kopf nach Hause.

Meine #ALF hatte bereits den Saibling mariniert und das Pesto fürs Risotto vorbereitet, ich habe mir nämlich zur Feier des Tages ein italienisches Abendessen gewünscht.

„Du bist heute aber früh dran, Schatz!“, rief sie aus der Küche. „Übrigens finde ich den Job hier gar nicht so übel. Vielleicht sollten wir mal tauschen?“

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