Österreichische Politiker sind humorvolle Menschen, um die uns die ganze Welt beneidet. Wo sonst hätte der Wahlslogan „Europa wählt. Österreich entscheidet.“ zu den Europawahlen plakatiert werden können?Er stammt von der ÖVP, die politisch irgendwo zwischen Wiener Kongress (1815) und Austrofaschismus (1934) stecken geblieben ist. 1815 hatte man immerhin noch den Metternich, der den europäischen Überwachungsstaat erfand, im nächsten Jahrhundert nur mehr den Millimetternich – den kleinen Diktator Dollfuß. Der hatte in Europa nichts mehr zu sagen, aber jetzt schlägt Österreich zurück: Europa darf wählen, Österreich wird entscheiden.
Genauso lustig ist ein neues Korruptionsgesetz, das ein paar Monate nach seiner Geburt schon novelliert, also abgeschwächt wurde.
Weil Österreich schon im Mittelalter wegen seiner üppigen Küche gelobt bzw. von katholischen Predigern deshalb verdammt wurde, formulierte man im Gesetz ein Vergehen, das sich „anfüttern“ nennt. Gemeint ist damit nicht das Verbot der Gänsestopfleber, sondern regelmäßige Zuwendungen an Beamte. Dass dabei oft die Leber der „Angefütterten“ angegriffen wird, ist ein eher loser Zusammenhang mit den Gänsen.
Jedenfalls bedrohte dieses Gesetz Salzburger Festspiele wie Sportvereine, worauf die neue Ministerin für Justiz und Anfütterung (endlich wieder ÖVP-hörig) alles ein wenig milderte.
Staatsnahe Unternehmen werden zur Sicherheit von den Bestimmungen ausgenommen, für andere Menschen wird das Gesetz noch zusätzlich erläutert, etwa so:
„Es soll für die Strafbarkeit nicht genügen, dass nicht auszuschließen ist, dass sich die Amtsführung eines Amtsträgers in Zukunft auf den Gebenden beziehen könnte, denn dadurch wird eine uferlose, kriminalpolitisch nicht zweckmäßige Weite der Korruptionsdelikte erzielt …“
Alles klar?
“ … und so bewirkt, dass für den Redlichen der Unterschied zwischen tatsächlich korruptiven Verhalten und sozial adäquater menschlicher Interaktion verschwimmt.“
Sollten Sie Beamte/r sein und nach einem Essen bei Ferran Adrií (angeblich der beste Koch der Welt) in Barcelona überlegen, ob das bereits „anfüttern“ sei, bloß weil Ihr Gastgeber Ihre Zustimmung zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung braucht, keine Sorge:
Sie sind unschuldig, weil Sie bloß „sozial adäquat und menschlich interagieren“.
Das muss auch in Barcelona möglich sein!