Nein, es geht nicht um Pädophilie, Nekrophilie, Sadismus oder andere Abweichungen, die den sogenannten „Normal“bürger erregen. Es geht um den
ganz normalen Wahnsinn eines Wirtschaftssystems, in dem Rechtsanwälte, die sich um so genannte „Urheberrechte“ kümmern, besser bezahlt werden als beispielsweise Bauern oder Arbeiter.
Es geht um viel Geld.
Die einzige Wochenzeitschrift Österreichs, in der bisweilen Informationen geliefert werden — hierzulande schon eine Sensation nach Jahrhunderten der Habsburger-Monarchie — , das „Profil“ nämlich, berichtet in einer der letzten Ausgaben vom Wahnsinn der Ökonomie.
Wenn dem Kapitalismus nämlich nichts mehr einfällt, wie er die Konsumenten weiter in den geistigen Tiefschlaf wiegen soll, lässt er seine Teilnehmer juristisch gegeneinander kämpfen.
Dafür stellt er Gesetze zur Verfügung, die zum Beispiel „Urheberrecht“ oder „Markenschutz“ heißen. Mit diesen Kampfmittel schützen Unternehmen ihre Produkte. Ob sie diese tatsächlich „erfunden“ haben, ist ihnen weitgehend egal, Hauptsache, sie gewinnen damit Prozesse um Schadenersatz oder wie immer sich der Gewinn aus solchen Prozessen nennt.
So ehrenvoll die ursprüngliche Aufgabe dieser Gesetze war, im Laufe der „Entwicklung“ hat sie sich bisweilen in ihre Gegenteil verkehrt.
Da gibt es beispielsweise ein Getränkt namens „Hugo“, das in Österreich gerne getrunken wird.
Da gibt es auch ein Unternehmen namens „Hugo Boss“. Das erzeugt Textilien im mittleren Preissegment und dachte: Öha! Ich heiße Hugo, du heißt Hugo — warum soll ich das zulassen?
Und schwupps droht der Textilkonzern mit Klagen.
Dagegen hilft höchstens ein Boykott von Hugo. Aber Boss! Das Getränk soll laut Empfehlung der Wirtschaftskammer sich übrigens anders nennen. Vielleicht „Geht’s noch“?
Weitere Absurditäten des Markenschutzes: Starbucks verklagte einen Straßenhändler in Bangkok, weil der gute Mann ein Schild mit der Aufschrift „Starbung“ an seinem Wagen angebracht hatte. Unerlaubte Konkurrenz, fand Starbuck und wollte 700 Euro Schadenersatz, mehr als das Jahreseinkommen des thailändischen Verkäufers.
Das Schweizer Großunternehmen Lindt&Sprüngli beschäftigte Gerichte acht Jahre lang mit dem Thema „Schoko-Goldhase“. Der burgenländische Konkurrent Hauswirth, dessen Goldhase ziemlich anders aussieht als der Schweizer Goldhase, unterlag im Rechtsstreit.
Allerdings kämpft nun Haribo um seine Rechte: Lindt&Sprüngli habe Haribos Rechte an seinen „Goldbären“ verletzt!
Goldbär gehört Haribo, nicht Lindt&Sprüngli!
Hat noch wer den Überblick?
Kein Wunder, dass der Name „Kornspitz“ von zwei Herstellern juristisch umworben, eigentlich: umkämpft wird.
Wem gehört das Wort?
„Backaldrin“ oder „Pfahnl“?
Und auch wenn die Winzerfamilie Krug aus Gumpoldskirchen seit 1746 einen Wein namens „Krug“ produziert: Der französische Konzern „Moet Henessy Champagne Service“ möchte ihn alleine für sich haben!
Und verklagt den kleinen Betrieb aus Gumpoldskirchen.
Da konnte Apple nicht zurückstehen und erhob Einspruch gegen den ungeheuerlichen Angriff eines kleinen Bonner Caféhauses, das sich „Apfelkind“ nennt und — man glaubt es kaum! — einen Apfel (!!!) als Logo hat!!!!
Der hat zwar kaum etwas mit dem Apple-Apfel zu tun, aber wehret den Anfängen.
Vielleicht sollten sich die Käufer (und wie immer -innen) von Apple-Produkten fragen, ob sie tatsächlich mit dem Kauf eines Apple-Irgendwas solche Prozesse gegen kleine Unternehmen unterstützen wollen!
Übrigens: Ist nicht der Spruch „an apple a day keeps the doctor away“ irgendwie ein urheberrechtliches Verbrechen? Weiß Apple davon? Und wenn ja: Wann klagt der Konzern endlich?