Morgen ist es wieder so weit, die Wiener Sozialistinnen und Sozialisten — pardon: die Wiener Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten —
feiern den „Tag der Arbeit“!
Den Sozialismus hat diese Partei bekanntlich so wundersam überwunden wie die katholische Kirche die Botschaft Jesu. In der Kirche gibt es allerdings seit kurzer Zeit auf wunderliche Weise zwei Heilige mehr, ist das nicht schon in sich ein Wunder? So weit sind die Sozis noch nicht, aber sie arbeiten daran.
Zum Beispiel morgen in Wien. Da werden die Genossen (und ein paar Genossinnen) unter großem Beifall Worthülsen in die Menge werfen, worauf diese in ekstatische Verzückung verfallen werden. Mitunter wird es Hinweise geben auf „den“ Kapitalismus, vielleicht wagen besonders Mutige sogar vom Sozialismus zu sprechen — am Ende jedenfalls wird alles gut und gemeinsam stimmt man das Lied der Solidarität an.
Nächtens treffen einander die Politiker der großen Parteien und stimmen das große Lied der Wahrheit an und das geht so: (Zu singen nach der Melodie „Der Papa wird’s schon richten“. Helmut Qualtinger singt das Lied von Gerhard Bronner)
„Du neulich, do sitz ich neb‘n der Hoschek und red so
vom Wetter und der Krone und vom Leb’n.
Do sogt sie, i glaub’s net, die Bildung wär‘ ihr wichtig
und richtig: I find‘ das auch so, zumindest irgendwie.
Mi mochen so Sochen jo höchst depressiv
man kann schließlich net über ois diskutieren
und weil mi des unglaublich nochdenklich mocht
passiert’s daun no, dass i philosophier!
Des is schon so, bei unserans.
Auf einmal sogt der Reinhold: Bua,
des is doch wirklich kein Problem!
wir lossn auch die Bildung lebm
daun gibt die Frau schon bald a Ruah!
(Alle zusammen)
Der Markt, der wird’s scho richtn!
Der Markt, der wird’s scho richtn!
Des ghöat zu seinen Pflichten
dazu ist er ja da!
Der Markt, der wird’s scho richtn!
Der Markt, der wird’s scho richtn!
Er weiß so viele Gschichten,
die andre Leute störn!
Vom kleinsten Referenten,
hinauf zum Präsidenten,
wer wichtig is, der kennt ihn,
den oiden Herrn,
man dient ihm gern.
Und applaniert die leidigsten Affairn
ganz intern!“
In diesem Sinn: Hoch der 1. Mai!
PS: Immerhin wird einem, der den Sozialismus noch ernst nahm, heute ein Platz gewidmet.
„Im Andenken an den 2011 verstorbenen Schauspieler Otto Tausig und seine Mutter, Autorin Franziska Tausig wird der Platz, der sich zwischen der Einmündung der Karlsgasse in die Gußhausstraße befindet künftig Tausig-Platz heißen. Am 30. April um 15.30 findet die Einweihung statt.“