Literarische Kostproben – Das Atelier

Friedhof

Friede seiner Asche

Der Wahlausgang ist noch ungewisse, der Titel meines nächsten Buches gewiss:

Als mein Ich verschwand
Und heute die erste Seite der sechsten Geschichte: Das Atelier

PS: Wählt bitte alle eine Partei für ein soziales Österreich, nicht für die Reichen! Danke.

 

 

Das Atelier

Der alte Friedhof in Simmering ist klein und romantisch. Er liegt zwischen einem Eisenbahndamm und einem Football-Spielfeld, dem Symbol der neuen Welt. Sein großer Bruder, der Zentralfriedhof, ist ein paar Kilometer von ihm entfernt. Dort wollte ihr Mann nicht begraben werden.

„Der ist mir zu groß“, hatte er immer gesagt. „Ich mag lieber die kleinen Dinge. Wie unsere Gemeindewohnung. Da passen wir gut rein, wir zwei. Wir sind ja auch nicht groß.“

Und dann lachte er so laut, dass die Nachbarn an die Wand klopften. Zu mitternächtlicher Stunde sollte es ruhig sein im Gemeindebau.

Sie hätte nie gedacht, dass er einmal tot sein könnte. Obwohl: In seinem Alter wurde die Wahrscheinlichkeit des Sterbens immer größer. Das Durchschnittsalter der männlichen Bevölkerung hatte er längst überschritten und sein Lebenswandel war nicht der gesündeste. Aber auf einen Aorta-Riss hatte nichts hingedeutet.

Bei Männern sei Aneurysma häufiger als bei Frauen, hatte der Arzt danach gesagt. Ein schönes Wort, Aneurysma. Ich habe leider nie Griechisch lernen können, aber die Melodie der Sprache hat mir immer gefallen.