„Grüß Sie, Genossin Stewardess. Das ist aber nett, dass Sie mir einen Champagner bringen. Obwohl ich mehr auf Rotwein steh. Gell Schatzi?“ Der nette Mann wendet sich an seine Begleiterin.„Aber da wollen wir nicht so sein und einen auf die AUA haben. Toll, wie es bei euch in der Economy Class zugeht. Ist der Chef auch nett zu euch?“
Die Stewardess nickt freundlich.
„Wunderbar. Ich rede ihm auch immer gut zu, damit er weiß, ihr seid der Fels, auf dem ich baue. – Super, diese Beinfreiheit! Wenn ich denke, wie das in meiner Jugend war. Da konnte man höchstens mal nach Moskau fliegen. Und war dann so dankbar, dass man gesund angekommen ist, dass unsereins gleich den Boden geküsst hat. Aber dafür sind Sie ja viel zu jung als dass Sie wüssten, wie elend die Zeit damals war. Und auch schön. Wir wussten noch, wofür wir gekämpft haben. Für den Sozialismus! Für Gerechtigkeit. Für soziale Wärme.
Und heute haben wir das alles erreicht. Zu Ihrem Glück, Fräulein Genossin.
Früher sah höchstens die Business Class so aus wie heute die Economy Class.
Von Freiheit keine Spur, nicht mal für die Beine.
Und heute wird jeder mit Champagner begrüßt. Super, gell Schatzi?“
Schätzchen nickt freundlich.
„Das Menü war übrigens ausgezeichnet. Sagen Sie das dem Economykoch. Und ich weiß, wovon ich rede! Gutes Essen ist die erste Bürgerpflicht, sage ich immer. Neben dem Trinken. Und das Wichtigste: es muss für alle sein. Wir waren immer gegen eine Klassengesellschaft, in der die da oben das verzehren, was die da unten erarbeiten. Was habe ich gearbeitet für eine klassenlose Gesellschaft. Am Boden und in der Luft. Sozialismus muss überall sein. Finden Sie nicht, Genossin Fräulein?“
Die Genossin lächelt verlegen.
„Könnten Sie mir noch eine kleine Flasche von dem Champagner bringen? Das Glas ist ja schneller leer als ich voll bin. – Pardon, das war ein Witz unter meiner Würde. Wenn ich daran denke, wie das früher war! Da hat sich ein Finanzminister eine Fahrkarte für die Economyclass gekauft und sich gratis updaten lassen. Ungeheuerlich! Und heute – die Economyclass sieht aus wie die Businessclass. So soll es sein. Darauf stimmen wir die Internationale an:
Völker höret die Signale
auf zum letzten Gefecht
wir sitzen alle economy
und dort sitzt man nicht schlecht.“
„Freddy, bitte sei still. Wir sitzen doch in der Businessclass.“
Da erblasste der Kanzler und sagte:
„Das habe ich nicht gewusst. Diesen Flug fliegen wir noch zu Ende. Aber wenn das an die Öffentlichkeit dringt, zahle ich gnadenlos den Aufpreis und sage, dass Sie mich, Genossin Stewardess, gezwungen haben hier zu sitzen.“