Niemals vergessen?

Niemals vergessen?

Wer in Wien das Bermudadreieck Richtung Donaukanal geht, stößt vielleicht auf dieses Denkmal für von den Nazis ermordete Österreicher.
Hier stand die Zentrale der GESTAPO, der Geheimen Staatspolizei.
„Die „‚Gestapo-Leitstelle Wien‘ galt als Inbegriff des Naziterrors — ab 23. 10. 1941 war es verboten, den Platz vor dem Gebäude zu betreten. Mit 850 Mitarbeitern war es die größte Gestapozentrale des Dritten Reiches, in der täglich 450 bis 500 Menschen ‚beamtshandelt‘ wurden.“ (Zitat aus dem höchst interessanten und empfehlenswerten Buch „Denkwürdiges Wien“ von Erich Klein, erschienen in der Reihe Falters CITYwalks)

Ermordet wurden Juden, Katholiken, Schwule, Kommunisten, Sozialisten, Zigeuner (heute Roma und Sinti genannt, was nicht ganz korrekt ist, es gibt noch weitere Gruppen wie Aschkali), Pazifisten, Bürgerliche, Arbeiter, körperlich und geistige Behinderte — schlicht und einfach alle Menschen, die Mord und Totschlag nicht als Regierungsform anerkennen wollten.

Doch vergessen?

Aus gegebenem Anlass wird auf die Ermordung von Schwulen hingewiesen. Nein, nicht weil Conchita Wurst den Euro-Contest gewonnen hat, sondern weil im Palais Liechtenstein ein Treffen stattgefunden hat.

Laut der Schweizer Tageszeitung „Tages-Anzeiger“ wurde im Palais Liechtenstein darüber diskutiert, wie man der „satanischen Schwulenlobby“ beikommen könne. Gäste sollen die FPÖ-Politiker Strache, Gudenus und Herzog gewesen sein. Offiziell weiß man in der FPÖ leider nichts, auch wenn die Schweizer Zeitung berichtet, dass Herr Strache dort ein Foto gemacht habe, was den Leiter der Veranstaltung veranlasste, auf die absolute Geheimhaltung der Veranstaltung hinzuweisen.

Der Sprecher des FPÖ-Parlamentsklubs konnte dazu nichts sagen, alles sei Privatsache der Herren.

Wer mehr über den Charakter des Treffens erfahren will: Hier stehen auch die Aussagen über die wundersame Welt einiger Teilnehmer, etwa: „Putins eiserner Wille sei ein Wunder: «Ich spüre tiefes Entzücken über seinen unerschütterlichen Glauben und seine Taten für die Einheit des russischen Volkes.»“

Und dort sollen Vertreter der FPÖ unter Führung jenes Mannes, der Conchita Wurst gratulierte, gewesen und nicht aufgestanden sein, um gegen Schwulenhatz männlich und aufrecht zu protestieren?

Kann man sich als echter Österreicher gar nicht vorstellen! Tapferkeit und Widerstand liegt unsereins ja im Blut — oder sind die Vertreter der FPÖ – beinahe undenkbar – gar keine ECHTEN Österreicher? Womöglich feige?

Immerhin feiern die der FPÖ doch ziemlich nahestehenden Burschenschafter heute in Wien das „Fest der Freiheit“. Ich bin sicher, dass sie dabei Manns genug sein und auf die Freiheit schwuler Menschen hinweisen werden.

Schließlich hat jede dieser Vereinigungen auch eine deutlich sichtbare homosexuelle Komponente, wer sonst würde Frauen aus einer Vereinigung (man beachte den genauen Sinn des Wortes!) ausschließen?

Lauter so Burschen wie wir! (Qualtinger)

Ein wenig albern die Tatsache, dass die Burschenschafter die Demonstration ursprünglich als „Faschingsumzug“  angemeldet haben.

Einerseits verständlich, wer setzt sich schon im Juni ein Käppi auf, zieht sich falsch gekreuzte Hosenträger an und macht dazu ein wichtiges Gesicht?

Andererseits wird dadurch die Ernsthaftigkeit für ein Eintreten für Freiheit doch sehr in Frage gestellt.

Oder geht es gar nicht um Freiheit, sondern um …

Niemals vergessen!
Dem Krieg der Worte („satanische Schwulenlobby“) folgt der konkrete Krieg der Waffen.