Filzbuch

Erich Ledersberger, Schrifsteller aus TirolTIROLER GEGENWARTSLITERATUR 1125

Filzbuch 01

Wir kennen das ja von Lebensmittelkonserven, sie sind nur frisch und original, wenn es beim Öffnen knackt. Eine ähnliche Frischegarantie hat Erich Ledersberger seinem Filzbuch beigegeben, eine echte Filzschleife ist um den Bauch des Buches gebunden und der Autor warnt, nur wo ein Filz herumgewickelt ist, handelt es sich um ein Original.

Tatsächlich ist Erich Ledersberger ein Meister des Filz-Aufspürens, wenn man seine Homepage Kakanien durchstöbert, ist man fassungslos, wie letztlich in Österreich und auf der halben Welt die Menschheit nur von einem zusammengehalten  wird, dem Filz.

Das scheinbar unlösbare Problem, dass jedes Thema letztlich in ein anderes hinein wuselt, wird im Filz 01 durch strenge Ordnung gelöst.

„Ganz schön weit weg“, Europa 2000-2007 heißt der erste Teil der Aufsatzsammlung, der Titel lässt die Ironie Sepp Schluiferers in Fern von Europa anklingen. Die Achse des Bösen geht vielleicht durch Brüssel, Dadaismus in der EU, Genossin CDU heißen einige augenzwinkernde Texte, die belegen, dass natürlich auch die EU nicht gefeit ist vor der österreichischen Lieblingsbeschäftigung, dem Verfilzen der Dinge.

Die Österreicher kriegen ihr Fett unter dem Titel „etwas näher ab“. Da dürfen Habsburger aus der Gruft röhren, Innenminister Stacheldraht-hart sein und Austro-Koffer ohne Inhalt gepackt werden.

„Ganz nah“ wird es natürlich, wenn es um Tirol zwischen 2000 und 2007 geht. Da kommt dann schon mal der Leibhaftige persönlich ins Land und springt während einer Politiker-Rede an die Wand, ein Fußball-Club macht statt Tore eine Bildungsoffensive, und die Stadt Innsbruck informiert und informiert, obwohl es gar keine Information gibt.

Wer glaubt, näher geht es nicht, hat nicht mit dem letzten Kapitel des Filzbuches gerechnet. Unter dem Titel „Furchtbar nah — Überlebenshilfe“ gibt es schlichtweg Tipps, wie man das Unerträgliche ertragen kann, obwohl einem die öffentlichen Geschehnisse die Luft abschnüren. Loblieder auf das Handy, Wellnesshotels als Überlebensburgen und ein Katalog neuer Werte helfen an manch trüben Tagen, und die sind bekanntlich immer ganz nah.

„Der Mensch ist aus Prinzip gut. Nicht weil ein Gott es ihm vorschreibt, sondern weil er das Gutsein zum Überleben braucht.“ (148)

Erich Ledersbergers Glossen erweisen sich in dieser klugen Zusammenstellung als Geschichtsbuch, das schon einen recht brauchbaren Eindruck vom Leben und Treiben in den Provinzen und Sackgassen der Jahre 2000-2007 vermittelt.

Erich Ledersberger: Filzbuch 01. Ein Rückblick auf die ersten Jahre.
Innsbruck: Entertain You Media 2008. 148 Seiten. € 10,00. ISBN 978-3-200-01328-5.
Erich Ledersberger, geb. 1951 in Wien, lebt in Innsbruck.

Helmuth Schönauer
Universitäts- und Landesbibliothek Innsbruck
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