Wir sind so lieb, du Arschloch!

Eine der vielen seltsamen Erscheinungen in den unsozialen Medien ist einerseits die Lieblichkeit, mit der miteinander umgegangen wird.
So hässlich kann kein Foto sein, dass nicht alle es mit freundlichen Worten begleiten.

 

Von #süß bis ‚wunderschön‘ und ‚toll siehst du aus‘ gibt es niemals einen Hauch von Kritik. Ein permanentes Weihnachten.
Ich spüre immer das Verlangen, Fotos zu kommentieren mit ‚grausliches Foto‘ oder ‚sowas von hässlich‘, habe das aber unterlassen. Womöglich hätte ich einen Sturm der Entrüstung geerntet, neudeutsch ‚shitstorm‘ genannt.

Andererseits gibt es Kommentare, die an Scheußlichkeiten nicht zu überbieten sind. Es genügt beispielsweise bereits die Nennung eines Politikers, in #Österreich etwa von Andreas #Babler, schon geifern Menschen aller Art gegen ihn.

Unter internationalen Kläffern ist der Konflikt #Israel und #Gaza derzeit sehr beliebt. Dort sind mal die einen, mal die anderen #Faschisten, besonders gerne von Menschen vorgebracht, die niemals dort gewesen sind.

Ich werde keine weiteren Beispiele nennen, jeder und jede kann überprüfen, wie der Mob – laut Lexikon übersetzt mit ‚aufgewiegelte Volksmenge, die destruktive Ziele ohne Diskussionen verfolgt‘ – reagiert, wenn er sich jeglicher Kontrolle entzogen fühlt.

Als gutgläubiger Mensch – ‚Der Mensch ist gut, die Geschäfte (und die Politik) machen ihn schlecht‘ – hoffe ich, dass jene schlecht erzogenen Schreiberlinge das alles nicht sagen würden, wenn sie dem Menschen von Antlitz zu Antlitz gegenüberstünden. (Vielleicht irre ich mich auch.)

Auf der einen Seite also ‚süßi-süßi‘ und auf der anderen Seite ‚die gehören alle weg‘.

Alles da in den (un)sozialen Netzen, nur nicht die Wirklichkeit.
In der nämlich plagen sich die einen, während die anderen genießen. Damit die einen nicht auf die Idee kommen, den anderen etwas wegzunehmen, teilen Medien und gewisse Politiker sie in Flüchtlinge, Farbige, Ausländer usw.
Dabei ist das Einzige, was polarisiert:
Der Unterschied zwischen Reich und Arm.

Die Medien sind anderer Meinung. Sie erfinden neuerdings sogar unterschiedliche Generationen, die gegeneinander kämpfen! Generation Z gegen Boomer und Generation X gegen Y oder sonst eine Erfindung.

Dann haben wir da noch die Rassisten, die keine Ahnung davon haben, dass es innerhalb der Menschen gar keine Rassen gibt, aber die dennoch Schwarze, Weiße, Rote und Gelbe dafür halten.

Neue Feindbilder werden ständig erfunden, damit die Welt so bleibt, wie sie ist:
Wenige da oben, wir hier unten.

Übrigens: Fein, dass #Australien die unsozialen Medien für Menschen unter 16 Jahren verbietet.

Einen schönen Advent euch allen
Erich Ledersberger