Züge buchen mit Gebrauchsanweisung

2016-03-13_kakanien_ticket_buchen

Ticket buchen: Ein ständiges Auf und Ab

Neulich wollte ich eine Fahrkarte (= Ticket) bei den ÖBB kaufen. War schon mal einfacher. Macht nichts, als Umweltschützer kenne ich kein Pardon und tippe auf Knöpfe (= Battns), was das Zeug hält.

Siehe auch „Wie ich lernte, Manuals zu lieben“ in dem empfehlenswerten Buch „Schnitzel mit Beilage“.

 

 

Genug ist nicht genug

Wer bei dieser Überschrift an Konstantin Wecker denkt, hat ein paar Jahrzehnte verschlafen. Es geht nicht um das Leben an sich — oder außer sich —, sondern um die permanente Vereinfachung der Welt.

Das haben sich auch die österreichischen Bundesbahnen vulgo ÖBB gedacht und ihren Internet-Zugang vereinfacht.

Wenn Bürokraten und  Designer etwas vereinfachen, ist Feuer am Dach!

Keine Verschlankung der Bürokratie ohne neue Beamte, keine offenen Grenzen (war mal ein Ziel der EU) für Studierende ohne neue Formulare, kein Update eines Programms ohne Zeitvergeudung.

Wer sich endlich an die etwas behäbige Website der ÖBB gewöhnt hatte, wurde, kaum hatte sie oder er es sich vor dem Bildschirm bequem gemacht, von einem Update überrascht.

Die Aufgabe von neuen Versionen eines funktionierenden Programms kennen alle Menschen, die einen Teil ihres Lebens am PC oder dem hübschen, aber genauso doofen Apple verbringen:
Das Leben wird nicht einfacher, sondern komplizierter.

Das bindet menschliche Kräfte, die andernfalls politisch aktiv würden und ist daher dem Wesen des Westens durchaus angepasst.

Was dem System sinnvoll erscheint, ist den Benutzern ein Gräuel!

Ich habe mindestens eine Stunde mit dem Kauf einer Fahrkarte verschissen.
Pardon: Eine Stunde meines Lebens sinnlos verbraucht.

Und das kam so: Ich besuchte per Internet die ÖBB und wollte eine Karte kaufen.

 

„Jetzt auf das neue Online Ticketing umsteigen!“

Nach acht Jahren Englisch in dem angesehenen Simmeringer Elitegymnasium Gottschalkgasse war mir klar, dass ich unter diesem Titel Fahrkarten buchen konnte.

Das wird nicht allen Menschen so gehen.

Am Innsbrucker Bahnhof musste ich etwa einem älteren Mann dabei helfen, eine Fahrkarte an einem Automaten — Menschen sind bei den ÖBB nicht so gerne gesehen, vor allem nicht als Arbeitskräfte, die kosten bekanntlich Geld — zu lösen.

Der gute Mann wusste nicht, dass eine Fahrkarte heute TICKET heißt.

Selber schuld, kann hier eingewendet werden.

Oder einfacher:
Seid’s deppat, liebe ÖBB? Warum verwendet ihr nicht eine verständliche Sprache?

Solche Fragen gehören sich nicht, schließlich wurden für die neue Form sicherlich viele Experten (Expertinnen sind im EDV — Bereich leider selten) beschäftigt, um endlich etwas Neues zu kreieren, nachdem sich viele an das Alte gewöhnt hatten.

Ich stieg daheim also auf das „neue Online Ticketing“ um.

Erste Überraschung: Musste ich früher bloß das Datum eingeben, musste ich mich nun durch die Monatskalender durcharbeiten. Februar, März, April — ich nehme an, diese Vorgangsweise wurde zur kompetenzorientierten Erarbeitung der Monatsnamen gewählt.

Endlich am Datum angelangt, nun noch die Uhrzeit eingeben und schon … ja, was jetzt?

Okay-Knopf? Nicht vorhanden.
Fertig-Knopf? Auch nicht.

Alles kein Problem, es gibt auf Facebook eine ÖBB-Gruppe. Dort frage ich mal kurz an, wie’s weitergeht.

Da ich sowieso noch viel zu tun habe, wende ich mich anderen Arbeiten zu.

Tatsächlich, schon wenige Stunden später gibt es eine Antwort: Bestellung in den Warenkorb geben.

Verstehe.

Aber wo reserviere ich meinen Sitzplatz? Kostet immerhin 3 Euro, aber die graphische Reservierung aus früheren Tagen ist nicht mehr vorhanden.

Meine neuerliche Anfrage per Facebook ergibt einen Hinweis auf ein Video.
Super!

Dauert bloß ein paar Minuten und schon klappt alles.
Naja.
Nicht ganz.

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Analog ist besser

 

Da kannst Dich brausen!

Sagt der Wiener. Mein Browser (= Brauser) auch. Es gibt eine kalte Dusche — keine Reservierung möglich. Achso! Firefox. Wie schaut das im Edge (= ítsch) aus? Ah. Da geht es.

Warum eigentlich? Wer viel fragt bekommt viele Antworten, sagten schon meine Lehrer im Simmeringer Gymnasium, worauf wir nichts mehr fragten.

Das scheint irgendwie auch die Strategie der ÖBB zu sein.

Was jetzt?

Immer weiter mit dem Klicken auf irgendwelche Zeichen am Bildschirm. Ich habe Glück, denn aus mir unerfindlichen Gründen erscheint auf meinem Bildschirm jenes Bild, das ich in der alten Version schon eine halbe Stunde vorher hatte: Ich konnte reservieren!

Jetzt noch alles bestätigen und dann ab … Mist! Fehlermeldung.

„Sie haben zu lange … “ – egal, ich will das alles weder hören noch lesen.

Ich nehme das Auto.

 

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