Karriere statt Beruf

Karriere im Liegen

Karriere im Liegen

Einst ergriffen Menschen einen Beruf, um ökonomisch abgesichert zu sein.
Manche kombinierten Beruf sogar mit Berufung, etwa Priester, Wissenschaftler und –innen und manche Lehrer- und innen.

Heute machen alle Karriere!

 

 

Karriere

Karriere hat den Beruf verdrängt. Ursprünglich bedeutete das Wort ‚Fahrstraße‘ , die konnte aufwärts führen oder auch abwärts. So gesehen hat der junge, alte Kurzkanzler Kurz (samt Gefolge) eine tolle Karriere hingelegt.

Allerdings wird Karriere in der so genannten ‚liberalen‘ Wirtschaft immer als Aufwärtsbewegung verkauft.

Auf der Suche nach Karrieremöglichkeiten finde ich im Internet jede Menge an Möglichkeiten. Ob in der Lehre, im öffentlichen Dienst, beim Bundesheer, am Bau, im Supermarkt oder in der Vermögensberatung: Karrieren ohne Ende!

Damit jeder Mensch auf diesem Weg zu mehr Verdienst und weniger Freizeit, wollte schreiben: frei eingeteilter Arbeitszeit kommen kann, gibt es sogar Tipps und Coaches, damit niemand sagen kann, sie oder er habe es nicht gewusst.

Als karrierebewusster Mann habe ich gleich einen Test gemacht und folgende Antwort erhalten:

Die Kompromissbereite
Du versuchst stets sowohl Deinem Partner/Deiner Partnerin und/oder Deiner Familie als auch Deinem Beruf und Deinem Arbeitgeber gerecht zu werden. Keine leichte Aufgabe: Verzettle Dich nicht! Du kannst es nicht immer allen recht machen, darfst auch an Dich denken und Aufgaben abgeben. Wenn Du es schaffst, Beruf, Beziehung und/oder Familie gut unter einen Hut zu bringen ohne dass Deine eigenen Bedürfnisse leiden, kannst Du Dich aber wirklich glücklich schätzen!

Na das sind doch tolleAussichten! Also wenn ich eine Frau wäre. Das Ergebnis als Mann gibt es für meine Antworten leider nicht. Seltsam.

Glücklicherweise gibt es auch 21 geschlechterneutrale Tipps für Karrieren.
Ich muss jedenfalls ‚sichtbarer werden‘, um ‚die Leiter zu erklimmen‘. Fleiß und Fachlichkeit reichen da nicht aus. Ich muss sie um ‚Image und Bekanntheit‘ erweitern, ‚proaktiv‘ arbeiten. Das bedeutet zum Beispiel für mich, um schneller befördert zu werden, muss ich ‚aktiv nach Verbesserungsmöglichkeiten, Einsparungsmöglichkeiten, Prozessoptimierungen & Co suchen. Und zwar auch dann, wenn ich dazu keinen Auftrag vom Chef erhalten habe.‘

Das gilt allerdings nicht für Beschäftigte im öffentlichen Dienst! Dort geht Karriere maximal als ‚Hure der Reichen‘, wie ein gewisser Herr Thomas S. empfiehlt.

Falls ich noch Fragen habe, kann ich übrigens einen Online-Kurs besuchen.
Laut einer Untersuchung ist die Persönlichkeit die wichtigste Eigenschaft einer Karriere. ‚Wer sich nicht selbst inszeniert, geht unter – egal, wie talentiert er sein mag.‘

Ich muss unbedingt mehr Fotos auf Instagram schicken. Immerhin habe ich schon einen Account. Und vorher noch einen Orientierungscoach aufsuchen.  Dort erhalte ich ‚mit einem spielerisch-intuitiven Zugang Methoden, Übungen und Arbeitsblätter für absolute Klarheit rund um deine Berufung. Für dein Wohlbefinden ist mit Getränken, Snacks und einem Imbiss gesorgt‘. Kostet nur € 795,00 INKLUSIVE Umsatzsteuer.

Oder sollte ich doch eine Karriere beim Bundesheer anstreben? Dort muss ich nichts bezahlen und erhalte gratis Informationen, wie ich Unteroffizier werden kann und sogar eine individuelle Karriereplanung.

Ich habe nach einigen Stunden aufgehört, meine Karriere per Internet in den Griff zu bekommen. Einerseits irritierte mich die Anzahl an Tipps, andererseits ein Artikel in der ZEIT:

Karierre? Nein danke stand da zu lesen.
Andernorts fand ich das Zitat eines jungen Menschen:
‚Ich habe nur, um es ganz stumpf zu sagen, überhaupt keine Lust auf Karriere. Ich will nicht mein ganzes Erwachsenenleben einem imaginären Konzept von Erfolg unterordnen. Meine Prioritäten sind einfach andere. Ich hatte noch nie einen Fünf-Jahres-Plan. Ich will einen Job, der mir Spaß macht, im Idealfall auch sinnvoll ist, lieber mehr als weniger Freizeit und ein Gehalt, von dem ich ohne Geldsorgen leben kann. Ob ich damit reich und berühmt werde, ist mir herzlich egal.‘

Ein weiteres Argument lieferte mir meine ALF, meine AllerLiebsteFrau:
Mit 70 Jahren willst du Karriere machen? Bleib doch am Boden der Wirklichkeit!

Seltsamer Einwand. Für eine Karriere ist es nie zu spät.

In diesem Sinn: frühlingshafte Grüße aus den Bergen
euer/Ihr
Erich Ledersberger

PS: Fast alle meine Bücher für meine Karriere gibt es hier zu kaufen:
https://www.bod.de/buchshop/catalogsearch/result/?q=ledersberger

Den Rest nur bei mir.