Nach Jahren der Entbehrung, des Hungers und des Durstes, ist in der zivilisierten Welt endlich alles in Ordnung.
Also NORMAL!
Einem gemütlichen Urlaub steht nichts mehr im Weg.
Was ist schon normal?
Wenige Wochen nach Beginn der Corona-Epidemie gröhlte die Tiroler Hotelbesitzerin des „Schwarzen Adlers“ und der „Adlers Design Lounge“ den legendären Satz in die Unsozialen Medien: „Mein Immunsystem leidet am meisten, wenn ich keine Party habe.“
Die Betrachter des Beitrags ahnten damals schon: Der Hausverstand ist eine Erfindung gutmeinender Esoteriker. Allerdings hofften sie, das wäre ein Minderheitenproblem. In der Zwischenzeit wurden sie eines Besseren belehrt.
„Die“ Wirtschaft, wer immer das ist, freut sich nämlich über etwas, das sie Normalzustand nennt. Auf Flughäfen stauen sich Menschenmassen, dicht an dicht gereiht, und wollen weit fort. Etwa nach Thailand oder, manche sind bescheidener, auf Mallorca.
Pandemie hin, Corona her, sie sind lustig bis zum Kotzen. Das erledigen sie am so genannten Ballermann-Strand oder auf anderen Inseln.
Raiffeisen bietet zum Beispiel „den Sommer 2022! – An den schönsten Stränden Europas machst Du die Nacht zum Tag und sagst „Adieu“ zum Lernfrust und Stubenhockerei! Feiere mit anderen Maturanten und Deinen Freunden mit leckeren Drinks, Essen, Sonne, chillen, Strand und Meer.
„Was wir Euch bieten können? – Traumhafte Partylocations, lässige DJs, exklusive Hotels mit sagenhaften Poolanlagen und erstklassige Ausflüge. Das ist Deine Maturareise 2022.
Egal ob Du in Frankreich Surfen willst, Du Dich durch die Clubs Calellas feierst oder die Seele auf Kreta und Rhodos baumeln lässt, bei uns findest Du DIE perfekte Partyreise oder wundervolle, entspannende Reise für Dich und Deine Freunde!“
Im Klartext: Saufen ohne Ende!
Vor einigen Jahren war ich auf Zakynthos, an einem wunderbaren Ort im Süden der griechischen Insel. Manchmal allerdings wünschte ich mir schwere Waffen der deutschen Bundeswehr, um Schiffe vor der Insel zu versenken. Die waren kaum sichtbar, aber hörbar. Mit schweren „BUMM-BUMM-Geschoßen“ aus riesigen Lautsprechern bombardierten sie uns. An Gegenwehr war nicht zu denken, die Feinde waren zu weit weg.
Auch normal
Nach der Erfindung des Autos war der Tourismus die zweite schlechte Nachricht für die Natur. Seit etwa einem Jahrhundert fahren Menschen im Namen der individuellen Freiheit auf vier Rädern durch die Gegend, seit einigen Jahrzehnten dröhnen sie per Flugzeug in entfernte Länder. Das alles im Namen der Wirtschaft und ihres Wachstums.
Weder Klimaerwärmung noch ihre Folgen konnten den Irrsinn bremsen, einzig ein Virus ließ die Erde kurz aufatmen. Allerdings, kaum verringerte sich die Anzahl der Toten, schon freute sich „die“ Wirtschaft auf neue Gewinne.
Leider brachte der Irre aus dem Osten wieder alles aus dem Gleichgewicht, indem er in die Ukraine einmarschierte, aber die ist bekanntlich weit weg. Und so geht es weiter in die „Normalität“:
Gedränge auf den Autobahnen und in den Flughäfen, um wenige Euros in ferne Länder und billiges Saufen aus Melonen.
Depp, was willst du mehr?
Einen schönen Sommer, nicht allzu weit entfernt vom Wohnort,
wünscht allen
euer/Ihr
Erich Ledersberger