Aus den Medien erfahre ich immer wieder was Neues. Etwa dass ich diskriminiert bin.
Als „alter weiser Mann“ fühlte ich mich bisher wohl in meiner Haut. Dann sagte mit ein Freund, dass es „alter weißer Mann“ heißt. Nunja, und was ist daran diskriminierend? Der #SPIEGEL weiß es.
Plötzlich zu alt?
So lautete die Überschrift (neudeutsch: headline) vom 25. März 2023. Die Übersetzung schreibe ich deshalb hin, weil eine Rentnerin im Text meinte, „es gibt niemanden, der uns was erklärt“.
Die Probleme der diskriminierten Alten gestalten sich vielfältig.
Herbert Witzel etwa, knapp ein Jahr älter als ich, bewarb sich in Berlin für einen Schöffensitz. Das Amtsgericht lehnte sein Ansuchen ab. Für dieses Ehrenamt sei zuverlässiges Erscheinen vor Gericht Pflicht, das könne man von Menschen über 70 nicht erwarten.
Na gut, es fehlen zwar 60.000 Schöffen in Deutschland, aber die sollen jung und aktiv sein.
Wie etwa Rechtsextreme, die ihre Anhänger motivieren, sich für dieses Ehrenamt zu bewerben.
Schaumamal, wie sich das auf die Urteile auswirkt.
Scheiß drauf
Sogar der Deutschen liebste Insel, Mallorca, wo das bekannte Lied „Scheiß drauf“ gerne gesungen wird, ist für die Alten schwer erreichbar.
„Am Kofferscanner und am Bordkartenautomaten manifestiert sich ein für ältere Menschen besonders hohes Exklusionsrisiko“. Die doofen Alten wissen nämlich nicht, wie der Bordkartenautomat funktioniert.
Besonders problematisch, weil die Alten einerseits mit dem Begriff „Exklusion“ nix anfangen können und trotzdem in den Süden fliegen. Sie lassen sich den Automaten einfach von jungen Menschen erklären, ein besonders infames Verhalten.
Offenbar wissen sie noch nicht, dass sie diskriminiert werden.
Das muss man ihnen klarmachen und der SPIEGEL legt ein ganzes Heft in diese Wunde: „Plötzlich zu alt?“ fragt er in seiner Titelgeschichte und klagt, um nicht zu sagen: jammert er einige Seiten lang über die nächste Diskriminierung, nun gegen die Alten.
Nachdem mit Diskriminierung von Schwarzen, Frauen, Männern, Kindern und queeren Menschen kein Umsatz mehr zu machen ist, bleiben nur noch die Alten. Sie sind ganz arm und werden ständig beleidigt.
„Junge Menschen sind klüger“, meint etwa Herr Zuckerberg. Der Mit-Begründer der Firma Sun drückt es noch deutlicher aus: „Menschen über 45 sind, was neue Ideen anlangt, praktisch tot.“
Das kann ein Glück für die Menschheit sein, siehe die Verblödungsmaschine „soziale“ Medien oder Reisen für Betuchte auf den Mond, wie es dem Herrn Musk vorschwebt.
Andererseits zweifle selbst ich am Verstand von älteren Menschen wie Bernd Freier, 76, Gründer der Modemarke s.Oliver.
Der versteht die jungen Menschen nicht, die nicht wie er um vier Uhr aufwachen, um sieben aufs Laufband klettern und Gewichte stemmen und danach wie blöd von einer Sitzung zur anderen hecheln.
Es ist ein einziges Durcheinander! Hauptsache, man wird diskriminiert. Das hebt das Selbstbewusstsein unheimlich.
Deshalb freue ich mich, das endlich auch Alte wie ich diskriminiert werden. Es tut einfach gut, bemitleidet zu werden. Wenn schon nicht von den anderen, so zumindest von einem selbst.
Ohne Blick in den Spiegel am Morgen hätte ich das übrigens gar nicht bemerkt!
Schöne Ostern
Ihr/euer
Erich Ledersberger