Literarische Kostproben – Der gute Mensch von Simmering

Der Denker

Der verzweifelte Wähler

„Wir sind schon über der Zeit.“ – Ein typischer Satz im österreichischen Fernsehen, wenn eine politische Diskussion zu lange dauert.

In diesem Sinn: Nächste Woche wählen wir, heute gibt es die erste Seite der fünften Geschichte meines neuen Buches, das demnächst erscheint.

 

 

 

 

Der gute Mensch von Simmering

Das Leben ist eine Hausübung. Irgendwann musst du sie abgeben, egal, ob sie fertig geworden ist oder nicht.

Hat Einstein die Weltformel gefunden?
Oder Hawkings?
Woher stammt dieser Wunsch nach endgültigen Lösungen? Endgültig ist nur der Tod.

Hoffentlich.

Was ist, wenn die Religionen Recht haben? Sie breiten sich derzeit aus wie nie zuvor. Irgendwo war zu lesen, dass jeden Tag etwa zehn neue Religionen entstehen.

Eine geistliche Pandemie.
Und keine Impfung dagegen in Sicht!
Wo kein Wissen, da wächst der Glaube unbarmherzig.

Vor kurzem hatte ein Mann aus dem fernen Osten in einer Fernsehdokumentation geschrien:
Gott hat meine Familie gerettet.“

Dabei war er es gewesen! Er hatte Frau und Kinder mit seinen eigenen Händen aus dem Haus gezerrt, das von Bomben getroffen worden war. Da war kein Gott, der ihm geholfen hätte. Und dennoch dankte er ihm, dem allmächtigen Abwesenden. Der Mensch ist eine seltsame Konstruktion.

Der Satz „Gott hat meine Familie getötet“ kommt in den Medien selten vor. Eigentlich nie. Ob er religiöse Gefühle verletzt?

Sie sind so absurd wie Heimatliebe. Einen Menschen lieben, das konnte er sich vorstellen.

Aber ein Land?
Wie schläft man mit ihm?
Oder das Land mit einem selbst?
Kommen beide zu einem Orgasmus?
Stöhnt das Land dabei?

Und wenn ja, was ist, wenn China stöhnt?
Erbebt dann die Welt?