Österreich ist ein europäischer Kleinstaat, in dem im Jahresdurchschnitt etwa 1,5 Sekunden pro Arbeitnehmer gestreikt wird. Der Unterschied zur restlichen Arbeitszeit ist produktionsmäßig marginal und diese duldsame Gemütshaltung wird dort „sozialer Friede“ genannt. Das war einer besonders benachteiligten Gruppe denn doch zu untertänig. Sie besann sich ihrer Vergangenheit, der glorreichen 68-er Zeit. Damals war es zu einigen putzigen Demos gekommen, die niemand zur Kenntnis nahm, aber in guter österreichischer Tradition schwelgten später viele von den tollen Zeiten, in denen sie die Welt aus den Angeln hoben.
Mit anderen Worten: Österreichs Rentner protestierten gegen die viel zu geringen Erhöhungen ihrer Pensionen. Die fiel zwar weit höher aus als in anderen Staaten, aber das hinderte die Alten, pardon: Senioren nicht daran, mit Trillerpfeifchen zu protestieren.
Ein weiterer Hinweis auf den Werteverfall dieser Gesellschaft!
Auch die konservativsten Politiker des Landes sind, kaum im Ruhestand, nicht wieder zu erkennen. Der streitbare Katholik Andreas Khol möchte gerne verheiratete Priester mit Kind und Kegel in seiner Kirche haben und gründet dafür eine Plattform.
Die ehemalige Bildungsministerin Gehrer ist plötzlich für die Gesamtschule, die sie während ihrer Aktivzeit mit allen Mitteln verhinderte. Freundliche grinsend erklärte sie den erstaunten Zusehern, dass nun alles ganz anders ist, weil ihre Enkerln auch gern in die neue Schule gehen möchten.
Was wird wohl aus Maria Fekter, wenn sie einstens in Rente geht? Gründet sie einen Verein für die Aufnahme von Flüchtlingen mit rehbraunen Augen? (Sie lasse sich nicht durch die Rehaugen von Arigona beeindrucken, meinte sie vor kurzem.)
Geht sie als Pensionistin militant gegen Regierungen vor, die falsche Behauptungen aufstellen und Asylsuchenden keinen Schutz gewähren? (Vorige Woche wurde ein Tschetschene in Wien ermordet. Er hatte um Polizeischutz gebeten, weil er sich vor Killern aus seiner Heimat bedroht fühlte. Frau Fekter behauptete das Gegenteil und musste diese Aussage zurücknehmen.)
Wir wissen es nicht, aber alles scheint möglich — hier ahmt das kleine Land seine große katholische Staatsreligion nach.
Dort ist noch mehr als alles möglich, auch das Unglaubliche:
die herzliche Wiederaufnahme eines Holocaust-Leugners. Der darf wieder Bischof sein.
So verzeihend ist die Kirche. Zumindest bei Anhängern des Dritten Reichs.